Gewalt an Schulen: Den Schulhof im Blick
Immer mehr Schulen melden immer mehr Vorfälle, wie die jüngste Gewaltstatistik der Senatsverwaltung für Bildung zeigt.
Gewalt in Berliner Klassenzimmern und auf Schulhöfen bleibt ein Problem. So sind im vergangenen Schuljahr nicht nur die Meldezahlen für leichtere Vorfälle wie Beleidigungen und verbale Drohungen gestiegen – auch schwere körperliche Gewalt wurde häufiger angezeigt als in den Jahren zuvor. Zudem nehmen die Übergriffe auf LehrerInnen zu. Die Senatsverwaltung für Bildung hatte am Mittwoch die Antwort auf eine entsprechende Anfrage des SPD-Bildungspolitikers Joschka Langenbrinck veröffentlicht.
Rund 2.300-mal wurden Beleidigungen, Drohungen oder leichte Tätlichkeiten angezeigt – 600 Vorfälle dieser Art mehr als noch im Jahr zuvor. Schwere körperliche Gewalt wurde 743-mal gemeldet – immerhin 150-mal öfter als im Vorjahr. Die Übergriffe auf Schulpersonal, ob mit Worten oder mit Fäusten, stieg auf 636 Vorfälle und liegt damit mehr als doppelt so hoch wie noch vor fünf Jahren.
Was außerdem auffällt: Jungen werden zehnmal häufiger als Mädchen unter den Tatverdächtigen geführt und Grund- und Sekundarschulen melden deutlich häufiger Gewaltvorfälle als Gymnasien.
Bleibt die Frage: Warum ist das so? Die Senatsbildungsverwaltung verweist, wie jedes Jahr, wenn die Gewaltstatistik veröffentlicht wird, auf die gestiegene Meldebereitschaft der Schulen. Deshalb spiegele die Statistik auch „nicht unbedingt die schulische Realität“ sowie „den tatsächlichen Unterstützungsbedarf“ der Schulen – sondern lediglich „die Bereitschaft Vorfälle zu melden“.
Mittelmäßiges Zeugnis
Allerdings ist der Zuwachs der meldenden Schulen, 34 mehr als im Schuljahr zuvor, wiederum nicht so hoch, dass sie die gestiegene Gewaltbereitschaft erklären würde. Und selbst wenn diese Schulen sehr meldefreudige Lehrkräfte haben sollten: Eine tatsächliche Zunahme von Vorfällen in den Schulen kann die Gewaltstatistik zumindest auch nicht ausschließen.
Das heißt wiederum nichts Gutes für Hilfsprogramme wie das Bonus-Programm, über das Schulen für bis zu 100.000 Euro extra pro Schuljahr zum Beispiel zusätzliche Sozialarbeiterstunden oder Konfliktlösetrainings beantragen können. Zuletzt hatte im Juli eine unabhängige Studie dem Bonusprogramm ein eher mittelmäßiges Zeugnis ausgestellt: Die befragten Lehrkräfte fanden das Extra-Geld zwar recht angenehm, bezweifelten aber die Wirkmächtigkeit des Programms.
Wohl nicht umsonst klingt es im noch frischen rot-rot-grünen Koalitionsvertrag so, als ob das wichtigste Hilfsprogramm für „Schulen in schwieriger Lage“ zur Disposition steht: über eine „Weiterentwicklung“ werde erst noch entschieden.
Der Gesamtpersonalrat der Berliner LehrerInnen Dieter Haase mahnte an, dass nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Gewaltstatistik die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte besser werden müssten. Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Extrastunden zur Schul- und Unterrichtsentwicklung an Grundschulen seien nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“.
Einem Bericht des Tagesspiegels zufolge arbeitet die Bildungsverwaltung derzeit allerdings an einem Präventionsprogramm. Die Basis dafür ist ein entsprechender Antrag, den noch die rot-schwarze Koalition beschlossen hatte. Welche der Forderungen – etwa der Einsatz von SchülerInnen als „Pausenbuddys“ – aufgenommen werden, ist noch unklar.
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