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Gewalt an Berliner SchulenKrisenteams künftig gesetzt

Präventionsteams gegen Gewalt werden Pflicht für alle Schulen. Indes geht die Debatte über einen Securitydienst an einer Schöneberger Schule weiter.

Krisenmanagerin: Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) Foto: Britta Pedersen/dpa

Die meisten Schulen haben sie schon, jetzt werden sie Pflicht: Krisenteams, die bei Gewaltvorfällen den Überblick behalten und mit Präventionsarbeit dafür sorgen sollen, dass die Stimmung im besten Fall von vornherein friedlich bleibt. „Klare Ansprechpartner, die wissen, was wann zu tun ist, sind wichtig“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Montag. Die Neuregelung ist Teil einer Reihe von geplanten Änderungen im Schulgesetz, die das Parlament Ende des Jahres beschließen soll (siehe Infokasten).

Das Thema Schulgewalt erfährt gerade viel Aufmerksamkeit: Letzte Woche wurde bekannt, dass die Schöneberger Spreewald-Grundschule einen privaten Wachschutzdienst engagiert hat. Schulleiterin Doris Unzeitig rechtfertigt die beiden patrouillierenden Security-MitarbeiterInnen damit, dass es 2017 über 30 Gewaltvorfälle an der Schule gegeben habe: SchülerInnen seien sowohl untereinander als auch gegenüber den LehrerInnen ­gewalttätig geworden.

Nun hat auch die Spreewald-Grundschule, wie 90 Prozent aller Berliner Schulen, bereits ein Krisenteam. Allerdings wurde es an der Spreewald-Grund­sschule offenbar bisher nicht tätig, wie eine Sprecherin von Senatorin Scheeres am Montag sagte. Warum nicht, das gelte es nun gemeinsam mit der Schule aufzuarbeiten.

Angesichts einer gleichbleibend hohen Zahl von Gewaltvorfällen an Berlins Schulen dürfte der Status Papiertiger allerdings für einige dieser Krisenteams gelten – auch weil SozialarbeiterInnen und Schulpsychologen, die bei den Krisenteams neben Lehrkräften und der Schulleitung mit im Boot sind, schlicht überlastet sind. Die Lehrergewerkschaft GEW fordert seit Langem eine Schulsozialarbeiterstelle pro hundert SchülerInnen. An der Spreewald-Grundschule gab es bisher für die rund 300 Kinder lediglich eine Stelle.

Neues im Schulgesetz

Gemeinschaftsschulen werden künftig als „Regelschulform“ im Schulgesetz verankert. Bisher gab es nur einen Pilotversuch mit 24 Schulen, an denen Kinder von der Grundstufe bis zum Abitur gemeinsam lernen. Laut einer wissenschaftlichen Begleitstudie profitierten davon insbesondere schwächere SchülerInnen – ohne die leistungsstärkeren zu beeinträchtigen.

An Abendgymnasien werden die Aufnahmebedingungen erleichtert: Künftig genügen zwei statt drei Jahre Berufstätigkeit und ein Mindestalter von 18 Jahren (bisher 19), um das Abitur nach­holen zu können. Das sei zwar schon Praxis, nun aber auch gesetzlich festgeschrieben, so Senatorin Scheeres. (taz)

„Regeln des Respekts“ üben

Über Gelder aus dem Bonusmittelprogramm werde jetzt allerdings eine zweite Sozialarbeiterin finanziert, sagt Scheeres’ Sprecherin. Sie soll vor allem für einen „sozialen Trainingsraum“ verantwortlich sein, wo man mit den Kindern „Regeln des Respekts“ einüben wolle.

Schulen, bei denen mindestens die Hälfte der SchülerInnen aus Familien kommt, die auf Jobcenterleistungen angewiesen sind, können Bonusmittel etwa für mehr Schul­so­zial­arbeit beantragen. Die Spreewald-Grundschule finanzierte damit allerdings auch die Security – dafür ist das Bonusprogramm gar nicht vorgesehen. Nun prüft die Schulaufsicht den Fall.

Klärungsbedarf hatte Scheeres am Montag auch mit Tempelhof-Schönebergs Schulstadtrat Oliver Schworck (SPD). Der hatte die Bitte von Schulleiterin Unzeitig um Geld für eine Gegensprechanlage abgelehnt, mit der Unzeitig den Schulhof quasi abschließen will – Eltern nutzten ihn für Zigarettenpausen, dabei sei es bereits zu Handgreiflichkeiten gekommen.

Schworck hatte gesagt, er sei nicht für das innere Schulklima verantwortlich. Einen aus der Bezirkskasse bezahlten Wachschutz, wie an einigen Neuköllner Schulen üblich, lehnt er ab. Scheeres betonte am Montag hingegen, der Bezirk müsse „die Sorgen der Schulleitungen ernst nehmen“.

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1 Kommentar

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  • Soso. Die Schulsenatorin wünscht sich also, dass der Bezirk „die Sorgen der Schulleitungen ernst“ nimmt. Und was folgt nun daraus? Muss der Bezirksverantwortliche einmal pro Woche nach Dienstschluss in Schönschrift zehnmal in Folge auf eine Schultafel den Satz schreiben: "Ich nehme die Sorgen der Schulleitungen ernst, denn das alles muss sehr schwer sein für sie"?

     

    Dass eine derartige Maßnahme viel helfen würde, glaube ich nicht. Ich sehe eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird die Person an die Aufgabe angepasst, oder aber die Aufgabe wird auf die Person zugeschnitten.

     

    Sie Schulsenatorin könnte also beispielsweise versuchen dafür zu sorgen, dass die Schöneberger Schulleiterin von ihrer Position getrennt wird. Und zwar mit der Begründung, dass sie dieser offensichtlich nicht gewachsen ist. Anschließend müsste sie veranlassen, dass die freigeräumte Stelle mit jemandem besetzt wird, der mehr mehr Kompetenz und/oder mehr Durchsetzungsvermögen hat. Das wäre dann die übliche autoritäre Vorgehensweise. Was die zuständige Frauenbeauftragte dazu sagen würde, kann ich mir ausmalen.

     

    Alternativ könnte die Senatorin an der offenbar problematischen Zusammensetzung der Schüler- bzw. Elternschaft arbeiten. Wenn sie es schafft, diese mittelfristig zu korrigieren, könnte die Direktorin bleiben. Der Haken an dieser Lösung ist: Die Senatorin hat nicht alle Zuständigkeiten, die sie dafür braucht. Vermutlich hat sie nicht einmal alle erforderlichen Kompetenzen. Sie müsste andere Senatoren, deren Untergebene und vielleicht auch ein paar Private mit „ins Boot“ holen. Auch hier wäre also die Frage zu klären, ob die Person (in dem Fall der Senatorin) an die Aufgabe angepasst werden soll oder umgekehrt.

     

    Das Einfachste wäre es vielleicht, die Senatorin ließe eine große Mauer bauen um Berlin, die nur unproblematische Menschen passieren lässt. Aber so eine Mauer hatte Berlin schon, kann ich mich entsinnen. Die hat auf Dauer auch nicht viel gebracht.