Gewalt am Horn von Afrika: Kenia marschiert in Somalia ein
Nach wiederholten Angriffen der islamistischen Shabaab-Milizen aus Südsomalia über die Grenze schlägt das Nachbarland zurück. Auch US-Spezialeinheiten sollen im Einsatz sein.
![](https://taz.de/picture/245325/14/Somalia_dpa.jpg)
BERLIN taz | In den Kampf gegen islamistische Rebellen in Somalia greift jetzt erstmals das Nachbarland Kenia direkt ein. Kenianische Truppen überquerten nach kenianischen Angaben am Sonntag die Grenze nach Somalia. Augenzeugen im Süden des Landes, der komplett unter Kontrolle der islamistischen Miliz al-Shabaab steht, berichteten von Truppenkolonnen in gepanzerten Fahrzeugen und Militärflugzeugen in der Luft.
Kenia "jagt al-Shabaab über die Grenze", erklärte der kenianische Regierungssprecher Alfred Mutua in der Hauptstadt Nairobi. Somalias Regierung erklärte, sie habe die Stadt Qoqani an der kenianischen Grenze besetzt, allerdings ohne kenianische Hilfe. Ein kenianischer Militärhubschrauber stürzte nahe der kenianischen Stadt Liboi ab.
In den vergangenen Monaten haben die Shabaab, denen Verbindungen zu al-Qaida nachgesagt werden, mehrfach in Kenia zugeschlagen. Zweimal wurden europäische Urlauberinnen aus kenianischen Ferieninseln in Grenznähe entführt und nach Somalia verschleppt. Am vergangenen Donnerstag wurden zwei spanische Mitarbeiterinnen des Hilfswerks Ärzte ohne Grenzen aus dem gigantischen Flüchtlingslager Dadaab nahe der somalischen Grenze entführt, wo Hunderttausende somalische Hungerflüchtlinge leben.
"Robuste Maßnahmen"
Auf einer Pressekonferenz am Samstag hatten Kenias oberste Generäle gesagt, die Regierung habe "beschlossen, robuste Maßnahmen zu ergreifen, um die Integrität des Landes und die nationale Wirtschaft und Sicherheit zu schützen". Ein Eingreifen in Somalia sei als Akt der Selbstverteidigung von der UN-Charta gedeckt, sagte George Saitoti, Minister für Innere Sicherheit. Zwei Schnellboote aus Somalia wurden noch am gleichen Abend in kenianischen Gewässern beschossen und drehten um. Auch US-Spezialkräfte sollen an der Grenze im Einsatz sein.
Der kenianischen Tageszeitung Daily Nation zufolge ist das Ziel der Militärintervention, einen 100 Kilometer breiten Grenzstreifen in Somalia ohne Shabaab-Präsenz zu schaffen. Somalias Regierung wird innerhalb des Landes bereits von einer Friedenstruppe der Afrikanischen Union (AU) geschützt, die von Uganda und Burundi gestellt wird.
Die AU-Truppe hat dafür gesorgt, dass die somalische Hauptstadt Mogadischu jetzt fast vollständig unter Regierungskontrolle steht. Allerdings forderte ein Selbstmordanschlag in einem Regierungskomplex mitten in der Stadt erst vor zwei Wochen über 80 Tote, und nach somalischen Medienberichten gab es gestern früh vier Schwerverletzte bei der Explosion von zwei Landminen an der Basis der burundischen AU-Truppen in Mogadischu.
Kampf gegen "blutrünstigen Feind"
Die Shabaab riefen als Reaktion auf den kenianischen Einmarsch zum Kampf gegen den "blutrünstigen Feind" auf, der "unser heiliges Land betreten hat", und auch gegen seine "somalischen Apostaten, die ihm helfen".
Shabaab-Sprecher Ali Mohamed Ruge sagte, wenn Kenia sich nicht aus Somalia zurückziehe, "gehen wir nach Kenia. Shabaab-Militäreinheiten aus dem südsomalischen Hafen Kismayo waren gestern unterwegs in die 120 Kilometer entfernten Stadt Afmadow, um sich den Kenianern entgegenzustellen. Somalias Regierung wiederum äußerte die Hoffnung, bald Kismayo selbst und damit den wichtigsten Handelshafen der Shabaab erobern zu können.
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