Gesunkene Plattform im Golf von Mexiko: Öl fließt weiter ungebremst ins Meer

Das Öl sprudelt ungebremst ins Meer. Die BP-Aktie sinkt. Tiere sterben im Golf von Mexiko. Und Fachleute diskutieren, ob eine ähnliche Katastrophe auch im deutschen Wattenmeer passieren könnte.

Mission Impossible?! Irgendwie soll das Öl von der Küste am Golf von Mexiko ferngehalten werden. Bild: reuters

HAMBURG dpa | Die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko nimmt immer größere Ausmaße an. Das Bohrloch, aus dem seit zwei Wochen Erdöl ins Meer strömt, kann nach Expertenmeinung erst in einigen Monaten abgedichtet werden. Der verantwortliche Energiekonzern BP teilte am Dienstag in London mit, die Arbeiten würden "rund drei Monate" dauern. Die BP-Aktie verlor unterdessen weiter an Wert.

Die Ölpest habe allmählich Folgen wie ein schweres Tankerunglück, meinte der Meeresbiologe Christian Bussau von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Das wirkliche Drama spielt sich bislang noch unter der Wasseroberfläche ab", sagte Bussau im ZDF-Morgenmagazin. Bislang seien vor allem Kleinlebewesen betroffen. Was noch komme, sei bisher nicht absehbar.

Die Einsatzkräfte im Golf von Mexiko wollen möglicherweise an diesem Dienstag damit beginnen, Öl von der Wasseroberfläche abzuschöpfen. BP hofft auch, erneut Öl auf See abfackeln zu können. Hohe Wellen hatten beides in den vergangenen Tagen verhindert. Bis zum Dienstagmorgen (Ortszeit) gab es keine Hinweise, dass Ölklumpen in größerer Menge die nahe gelegene US-Küste erreichten.

BP will eine 65 Tonnen schwere Kuppel über das offene Bohrloch stülpen. Damit soll das austretende Öl aufgefangen und kontrolliert an die Oberfläche geleitet werden. Erfahrungen damit haben die Experten nicht: Nach Angaben von BP-Manager Doug Suttles vom Montag wurde diese Methode bisher nur in flachem Wasser angewandt. Das offene Bohrloch liegt aber in 1.500 Metern Tiefe.

Geologie-Professor Lorenz Schwark von der Universität Kiel hält den Einsatz der Metallglocke allerdings für die einzige Möglichkeit, den Ölfluss relativ rasch unter Kontrolle zu bekommen. "Kurzfristige Möglichkeiten sind extrem begrenzt", sagte Schwark am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Auch dies helfe aber nur für den Übergang: "Man muss ein zweites Loch bohren", erklärte der Professor.

Schwark schätzte die Gefahr, dass ein ähnliches Unglück das Wattenmeer verschmutzt, als eher gering ein. Das einzige deutsche Bohrloch auf der Mittelplate sei mit einer Betonwanne gesichert. Die Umweltorganisation Nabu warnte allerdings: "Ein Ölunfall in dem äußerst empfindlichen Wattenmeer könnte unter anderem den gesamten europäischen Bestand der Brandgans gefährden."

Der Nabu forderte deshalb einen Verzicht auf weitere Ölbohrungen im Wattenmeer, wie die Betreiber sie planten. Auch der stetig wachsende Schiffsverkehr bedrohe die empfindlichen Ökosysteme an Nord- und Ostseeküste. Für den Golf von Mexiko fürchten Fachleute schlimmere Auswirkungen als beim Unglück mit dem Tanker "Exxon Valdez" vor der Küste Alaskas im Jahr 1989.

Damals strömten knapp 40.000 Tonnen Rohöl ins Meer und mindestens 250.000 Seevögel verendeten. Im Golf von Mexiko bedrohe das Öl brütende Küstenvögel wie Braunpelikane und Rötelreiher, sagte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke. Neben Strandbrütern wie Seeregenpfeifern seien auch Delfine, Meeresschildkröten und Fische im weit verzweigten Mississippi-Delta gefährdet.

BP-Chef Tony Hayward räumte die Verantwortung des Konzerns für die Katastrophe ein. "BP ist verantwortlich für dieses Leck. BP wird die Rechnung begleichen", sagte Hayward nach Angaben des britischen Rundfunksenders BBC. Die BP-Aktie knickte deutlich ein. Im frühen Handel an der Londoner Börse verlor das Papier angesichts der erwarteten Milliardenkosten 4,60 Prozent seines Werts.

In scharfen Worten hatte US-Präsident Barack Obama das Unternehmen am Sonntag für die Ölpest verantwortlich gemacht und betont: "BP wird die Rechnung dafür bezahlen." Britische Zeitungen errechneten, dass dem Ölkonzern Kosten von bis zu acht Milliarden Dollar (gut sechs Milliarden Euro) drohen könnten - Schadenersatz für die Fischerei- und Touristikbranche eingeschlossen.

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