Gestoppte Elbvertiefung: Gegenangriff der Hafenarbeiter
Die Gewerkschaft Ver.di will für den Ausbau der Fahrrinne in der Elbe demonstrieren. Der BUND will verhandeln, doch Hamburgs Senat schaltet auf stur.
HAMBURG taz | Beim Thema Elbvertiefung tobt der Kampf um die Herzen des Publikums. Das „Regionale Bündnis gegen die Elbvertiefung“ hat sich gestern auf einen Pilgerweg im Dienste der Sache begeben, auf dem es die Ängste der Fischer, Obstbauern und Deichanwohner vor den Folgen der Vertiefung an vier Stationen illustrieren will.
Währenddessen rief die Gewerkschaft Ver.di für den 9. November zu einer Demo der Hafenarbeiter in der Hamburger City auf. Gewerkschaftssprecher Torsten Ballhause erklärt, es gehe darum, zu zeigen, dass von der Elbvertiefung das Wohl und Wehe der Beschäftigten im Hafen abhänge.
Vor einer Woche hatte das Bundesverwaltungsgericht einem Eilantrag der Umweltverbände Nabu und BUND stattgegeben. Die Klage der Verbände werfe „eine Vielzahl zum Teil schwieriger rechtlicher Fragen auf, die erst im Hauptsacheverfahren geklärt werde können“ – vor dessen Ende dürfe deshalb mit der Elbvertiefung nicht begonnen werden.
Keine Sektkorken
Nabu und BUND haben zusammen mit dem WWF ein Bündnis gegründet, um die neunte Flussvertiefung in 100 Jahren zu verhindern. „Wir befürchten, dass die nächste Elbvertiefung das Fluss-Ökosystem zum Kippen bringen wird“, argumentieren die Verbände.
Einige Medien berichteten, nach dem Beschluss hätten bei den Umweltverbänden „Sektkorken geknallt“. „Mit großem Unverständnis wurde die ’Feierlaune‘ der klagenden Umweltverbände betrachtet, die von vielen Hafenbeschäftigten als unangemessen empfunden wurde“, teilt Ver.di in seiner Ankündigung der Demonstration mit.
„Wir wurden von TV-Sendern gefragt, ob wir nicht für die Kamera eine Flasche Sekt öffnen wollten“, sagt dagegen Paul Schmid vom BUND. „Wir haben das abgelehnt.“ Der BUND sei nicht in Feierlaune, sondern nur erleichtert gewesen, dass das Gericht die Argumente gegen die Elbvertiefung ernsthaft prüfe.
„Notorische Neinsager“
Das aber ist für die Hamburger SPD schon zu viel. Deren Wirtschaftssprecher Jan Balcke schimpfte, die Umweltverbände würden „mit der Zukunft Hamburgs spielen“ und „das Geschäft der konkurrierenden Häfen“ betreiben. Die Verantwortung für alle wirtschaftlichen Folgen der verschobenen Elbvertiefung liege „allein auf Seiten dieser notorischen Neinsager“.
Dem gerade erneuerten Angebot der Kläger, über eine geringere Vertiefung der Elbe zu verhandeln, erteile Balcke eine Absage: „Elbvertiefung light ist mit uns nicht zu machen.“ Und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ergänzte: „Die Elbvertiefung ist im geplanten Ausmaß notwendig.“
Grüne und Linke vermissten bei diesen Ausführungen „jeden selbstkritischen Satz und jeden Lösungsvorschlag“. Obwohl der gerichtliche Stopp „absehbar gewesen“ sei, hätten der Bürgermeister und sein Wirtschaftssenator Frank Horch „den Reedern einen Beginn der Ausbaggerung Anfang 2012 versprochen“, erinnerte der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken, Norbert Hackbusch.
Anja Hajduk, Abgeordnete der Grünen, monierte, die SPD „sitze weiterhin auf dem hohen Ross und sage nur, was mit ihr alles nicht geht“. Mit dieser „Schockstarre“ riskiere sie eine juristische Hängepartie, die „bis zu vier Jahren dauern“ könne. Der grüne Fraktionschef Jens Kerstan forderte den Senat deshalb auf: „Erklären Sie, wie Sie aus der Sackgasse rauskommen wollen, in die Sie sich selbst hineinmanövriert haben.“
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