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Geständnis in Iran

Im Spionageprozess gegen 13 iranische Juden gesteht einer der Ankgeklagten – freiwillig?

BERLIN taz ■ Im Spionageprozess gegen 13 iranische Juden hat einer der Angeklagten am Montag ein Geständnis abgelegt. Im staatlichen Fernsehen der Islamischen Republik bestätigte Dani Tefilin den Vorwurf, er habe für Israel spioniert. Ob vorher Druck auf den Angeklagten ausgeübt wurde, ist nicht bekannt.

Tefilin erklärte, bei einem Besuch Israels 1994 sei er zum Agenten ausgebildet worden. Auf die Frage, ob er mit anderen zusammengearbeitet habe, sagte Tefilin, er sei Teil eines Spionagenetzes gewesen. Damit bestätigte er die bisherige offizielle Version der iranischen Justizbehörden – ob freiwillig oder nicht, bleibt dahingestellt.

Zuvor hatte schon der oberste Justizbeamte der südiranischen Provinz Fars, Hossein Ali Amiri, bekannt gegeben, dass sich Tefilin schuldig bekannt habe. Allen 13 Angeklagten vor dem Revolutionsgericht in Schiras wird Spionage für Israel vorgeworfen.

Israels Regierung hat die Vorwürfe gegen die 13 bisher rigoros zurückgewiesen. Am Montag sagte der Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem, Aviv Scharon, er hoffe, dass die, die jetzt in Iran vor Gericht ständen, nur weil sie Juden seien, schon bald freigelassen würden. Nach der Verhaftung der 13 hatte sich eine internationale Unterstützerkampagne für die iranischen Juden gegründet. Sprecher der jüdischen Gemeinde in der Islamischen Republik, die laut Verfassung auch im Parlament vertreten sind, hatten jedoch auf die Unabhängigkeit der iranischen Justiz gepocht. International war die Verhaftung der Juden dennoch als Affront der iranischen Konservativen gegen den reformorientierten Präsidenten Mohammad Chatami interpretiert worden. Er hat sich bisher nicht zu dem Fall geäußert.

Nach der Prozesseröffnung am 13. April hatte das iranische Fernsehen berichtet, vier der Beschuldigten hätten bereits Geständnisse abgelegt. Deren Verteidiger wiesen dies jedoch zurück. Amiri machte keine Angaben darüber, wann ein Urteil gegen Tefilin zu erwarten sei, der im vergangenen Jahr als erster Verdächtiger der Gruppe verhaftet worden war. Der Prozess werde voraussichtlich noch mehrere Wochen dauern.

Die Verhandlung war nach dem Auftakt unterbrochen worden, um den Verteidigern mehr Zeit für die Vorbereitung zu geben. Zwei der Angeklagten wurden im Februar gegen Kaution freigelassen. Einer von ihnen, Navid Balasadeh, sagte am Montag vor dem Gerichtsgebäude, die Vorwürfe gegen ihn seien haltlos. Er vertraue aber auf den Richter.

Bei einem Schuldspruch drohen den Angeklagten lebenslange Haft oder die Todesstrafe. Die Verhaftung der Juden im März vergangenen Jahres war international kritisiert worden. Unter anderen machte sich der Dalai Lama für die Inhaftierten stark. Im vergangenen Jahr war gar spekuliert worden, Iran betrachte die Juden als Verhandlungsmasse im Streit um den israelischen Piloten Ron Arad. Der war 1986 über dem Süden Libanons abgestürzt und angeblich in die Hände von durch den Iran unterstützten libanesischen Schiiten geraten. Gerüchten zufolge sollen die ihn an den Iran weitergereicht haben.

Vor der Islamischen Revolution in Iran 1979 lebten in Iran etwa 80.000 Juden. Heute leben noch rund 25.000 im Land. Die anderen sind entweder in die USA oder nach Israel emigriert.

Unterdessen sollen laut einem Bericht der englischsprachigen iranischen Tageszeitung Tehran Times acht Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes festgenommen worden sein, weil sie Verdächtige der Mordserie an Intellektuellen 1998 misshandelt haben sollen. Die Agenten seien in der vergangenen Woche verhaftet worden, nachdem Verdächtige der Mordserie die Vorwürfe gegen sie erhoben hätten. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass alle bisher inhaftierten Verdächtigen der Mordserie – allesamt Geheimdienstler – freigelassen wurden. THOMAS DREGER

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