Gespräche in Israel über Waffenruhe: Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
US-Vermittler Amos Hochstein reist für Friedensgespräche nach Tel Aviv. Zeitgleich votieren die USA im Sicherheitsrat gegen eine Waffenruhe in Gaza.
E ine „echte Chance“ auf einen Deal zwischen Israel und der Hisbollah, hat der US-Vermittler Amos Hochstein vollmundig verkündet. Er ist am Donnerstag nach Tel Aviv gereist, am Tag zuvor war er in Beirut. Der Ex-Soldat der israelischen Armee posaunte mal wieder optimistisch in die Welt, eine Waffenruhe sei nahe. Was für ein Schauspiel. Die USA haben ihre Glaubwürdigkeit als Vermittler längst verloren – wenn sie sie überhaupt je hatten.
Der angebliche US-Vorschlag soll vorsehen, dass Israel und die Hisbollah ihre Angriffe 60 Tage lang aussetzen. Die israelische Armee soll in der Zeit ihren Einmarsch im Südlibanon beenden, libanesische Soldaten sollen an der Grenze stationiert werden, die Hisbollah ihre Kämpfer dafür abziehen. Eigentlich eine gute Sache.
Doch die USA haben keine Lust, den Krieg zu beenden. Die Aktien der Waffenfirmen schießen nach oben, die Produktionsstätten bieten stabile Arbeitsplätze. Die USA liefern 70 Prozent der Waffen an Israel. In einem Jahr gaben sie dafür mindestens 22,76 Milliarden Dollar aus. Am Mittwoch stimmte der US-Senat über einen Waffenstopp ab – die überwältigende Mehrheit war dagegen.
Im September legten USA und Frankreich einen Plan für Waffenruhe im Libanon vor – Netanjahu und sein Außenminister Katz lehnten das ab. Sie kündigten die Invasion im Südlibanon an, israelische Luftangriffe töteten im Libanon an einem Tag mehr als 550 Menschen. Und Amerika? Gewährte weiter Waffenhilfen.
Eine UN-Resolution des Sicherheitsrates zur sofortigen Waffenruhe scheiterte am Mittwoch am Veto der USA. Ein Deal für Gaza hätte die Grenze zwischen Israel und Libanon automatisch beruhigt.
Die rechten Siedler in Israels Regierung haben weiter freie Hand. Seit 40 Tagen lassen sie die Bevölkerung in Nordgaza aushungern. Fotos zeigen, wie das israelische Militär im Kamal Adwan Krankenhaus Ärzte und Patienten zusammentreibt. Die Männer sind bis auf die Unterhosen ausgezogen, mit verbundenen Augen. Am Donnerstag starben palästinensischen Angaben zufolge 88 Menschen durch Luftangriffe in Nordgaza. Im besetzten Westjordanland hat das israelische Militär am Donnerstag 12 Palästinenser*innen festgenommen.
Unter Trump werden die Siedler wahrscheinlich Freifahrtscheine für die komplette Annexion Gazas und wohl auch für das Westjordanland bekommen. Eine Chance auf Frieden? Fehlanzeige.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören