Gesponserte Treffen mit SPD-Politikern: SPD beendet „Rent-a-Sozi“
Es werde keine weiteren „Vorwärts“-Gespräche mehr geben, betont die SPD. Die jeweiligen Politiker hätten nicht gewusst, wie es zu den Treffen kam.

Werbefoto? Die „vermieteten“ Politiker kannten das Prozedere nicht, betont Schatzmeister Nietan Foto: dpa
BERLIN taz | Die SPD gibt sich zerknirscht: Einen Tag nach den ZDF-Enthüllungen über verkaufte Gesprächstermine mit Spitzenpolitikern ziehen die Sozialdemokraten erste Konsequenzen. „Wir werden die Bundestagsverwaltung bitten, die Vorwürfe umfassend zu prüfen. Außerdem werden wir eine interne Untersuchung des Sachverhalts vornehmen“, erklärte am Mittwochmittag Dietmar Nietan, Bundesschatzmeister Partei. Schon jetzt sei klar: „ ‚Vorwärts-Gespräche‘ – ob mit oder ohne Sponsoring – wird es in Zukunft nicht mehr geben.“
Einem ZDF-Bericht zufolge organisiert ein Tochterunternehmen der SPD Gesprächsrunden mit Politikern der Partei. Lobbyisten und Wirtschaftsvertreter können für mehrere tausend Euro als Sponsoren der Veranstaltungen auftreten, an den Gesprächen teilnehmen und dort mit SPD-Politikern ihrer Wahl in Kontakt kommen. Teilgenommen haben unter anderem Regierungsmitglieder wie Justizminister Heiko Maas.
Schatzmeister Nietan beteuert nun, seinen teilnehmenden Genossen sei nichts vorzuwerfen. „Die Politikerinnen und Politiker, die in der Vergangenheit an ‚Vorwärts-Gesprächen‘ teilgenommen haben, wurden nicht über die Art und Weise informiert, wie die Gespräche vermittelt werden.“ Von den Geschäftspraktiken der Organisatoren hätten sie nichts gewusst.
Die Mitteilung des Schatzmeisters ist die erste offizielle Stellungnahme der Sozialdemokraten, seitdem die Vorwürfe am Dienstagmorgen bekannt wurden. Einzelne SPD-Abgeordnete hatten sich allerdings schon vor Nietan geäußert. So schrieb der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach auf Twitter: „Sponsoring sofort einstellen!“ Er selbst habe nie an den Veranstaltungen teilgenommen – „an keinem der Gespräche, damit das klar ist“.
Die Organisation LobbyControl fordert nun von der SPD, die Angelegenheit komplett aufzuklären. „Die Ergebnisse der angekündigten internen Untersuchung muss sie für die Öffentlichkeit transparent machen“, sagte Kampagnenmitarbeiterin Annette Sawatzki. Außerdem müsse die SPD „eine gesetzliche Regelung für das Parteiensponsoring auf den Weg bringen“.
Nach Angaben der Bundestagsverwaltung verstoßen die SPD-Geschäfte nicht gegen derzeitige Vorgaben zur Parteienfinanzierung, da sich die Rechenschaftspflicht nicht auf Sponsoring bei Tochterunternehmen beziehe.
Leser*innenkommentare
Philippe Ressing
Wer glaubte, unter Schröder habe die SPD ihren Tiefpunkt erreicht, sieht sich jetzt eines besseren belehrt. Rent a Sozialdemokrat - but for what?
alterSchwede
"Alles was Sie wollen. Dafür stehn wir, die SPD."
Im Moment befindet sich die SPD im freien Fall und man fragt sich wie tief es noch geht.
Hanne
Das gab es doch alles schon mal und war meines Erachtens auch vor kurzem noch/wieder bei der Sachsen-CDU ein ähnliches Thema:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sachsen-opposition-sieht-system-im-cdu-sponsoring-a-680743.html
Senza Parole
Wie hatte Herr Gabriel vor Kurzem noch gesagt: " Wir müssen dahin gehen wo es weh tut, wo es stinkt".
"Rent a Sozi" hat er damit wohl nicht gemeint, oder ?
Der Normalbürger wird wohl keien EUR 7000 dafür zahlen.....
Lowandorder
"Die jeweiligen Politiker hätten nicht gewusst, wie es zu den Treffen kam."
Jau - Volksvertreter - Staubsaugervertreter - usw
Wie sagte doch mal Woody Allen - (wo? -;) -
"Was ich hier mache? Keine Ahnung!
Das ist so geheim - daß ich das selbst nicht weiß!"
kurz - Abwählen!
Rainer B.
"Nach Angaben der Bundestagsverwaltung verstoßen die SPD-Geschäfte nicht gegen derzeitige Vorgaben zur Parteienfinanzierung..."
Wie denn auch? Schon Helmut Kohl hat ja damals nie von nichts was gewusst und man wird schlechterdings von den Parteien auch keine Gesetze erwarten dürfen, die ihre Nebenfinanzierungspraktiken illegal machen würden.
Da wird man sich wohl schon bald was anderes als die "Vorwärts-Gespräche" ausgedacht haben - aber schön, dass man mal wieder darüber geredet hat und - hervorragende journalistische Arbeit von 'Frontal 21'.
32795 (Profil gelöscht)
Gast
Warum tut man sowas? Also nicht die SPD, die sind halt nunmal bisschen "nuttig". Warum zahlt man dafür mit denen in einem Raum sein zu dürfen (müssen)? Ist das so eine Art Mutprobe für Manager? Oder macht Siggi sich da doch nackig? Was ja irgendwie noch befremdlicher wäre.
Dass es da Einfluss auf die Politik gegen Geld gibt kann ja nicht sein. Aber was dann?
Btw, wenn führende Genossen nicht wussten, dass die Treffen vergütet werden, wie hat man dann das um Himmels Willen verbucht? Bucht bei der SPD die Buchhaltung auf gut Glück mal "Spende" und mal "unterm Sofa gefunden"?
Dämliche Aktion und die billigen Ausreden machen es nur noch schlimmer...
Chaosarah
Meine liebe Herren, wenn man sich schon bei denselben Schweinereinen erwischen lässt wie FDP/CDU dann doch bitte nicht auch noch dermassen unfähig dabei ausschauen.
Ich meine, die Medientochergesellschaft der SPD schafft ein "Rent-a-Sozi“ Projekt.
Die wollen doch garnicht mehr ernst genohmen werden!
1714 (Profil gelöscht)
Gast
Es sieht so aus, als sei die sPD die fünfte Kolonne der AfD in unserem Parteienspektrum. Die machen alles, um den Rechtspopulisten die Wähler in Scharen zuzutreiben und - finden sich selbst völlig unschuldig dabei...
el_duderino
Altparteien zu blöd. Demokratietheater kaputt. AFD kriegt 30 Prozent. Alles scheisse, deine Elli.