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Gesetzesinitiative in FrankreichParlament stimmt gegen Homo-Ehe

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften bleiben in Frankreich diskriminiert. Im europäischen Vergleich hinkt die französische Gesetzgebung weit hinterher.

Sie können erst mal nicht heiraten: Schwules Päarchen beim CSD 2010 in Paris. Bild: dpa

PARIS taz | Mit 293 gegen 222 Stimmen hat die konservative Regierungsmehrheit in der französischen Nationalversammlung einen Gesetzesvorschlag der sozialistischen Opposition abgelehnt, der die Ehe von gleichgeschlechtlichen Partnern legalisieren wollte. Die Linke hatte diesen Antrag geschlossen unterstützt, in der rechten Ablehnungsfront dagegen machten sich Risse bemerkbar. Zehn Abgeordnete der bürgerlichen Regierungsmehrheit stimmten für die Einführung der Homoehe, neun enthielten sich bei der Abstimmung, andere nahmen daran nicht teil, um nicht klar Stellung beziehen zu müssen.

Dass Frankreich bei der Gleichberechtigung für homosexuelle Lebenspartner mittlerweile im Rückstand ist, räumen auch zahlreiche Politiker aus dem Regierungslager ein. Gleichwohl wünschen sie, dass man ihnen die Ablehnung dieses Gesetzesvorschlags nicht als Homophobie auslegen dürfe. Das fällt indes schwer angesichts gewisser Argumente, die in der Parlamentsdebatte gegen die Homoehe vorgebracht wurden. Diese sei eine "anthropologische Aberration", sagte Christian Vanneste von der Regierungspartei UMP.

Er forderte vor etlichen konsternierten KollegInnen, die Gesellschaft müsse "den Fortbestand der Ehe zwischen Mann und Frau bewahren, der Rest ist eine Frage der Mode aufgrund einer Lobby, die offenbar viel Einfluss hat". Sein Parteikollege Michel Diefenbacher argumentierte, die Ehe sei "eine Institution zum Schutz des Schwächeren und zuallererst der Frau". Die UMP-Abgeordnete Brigitte Barèges musste sich nach ihrer peinlichen Bemerkung "Warum nicht auch noch eine Liaison mit Tieren?" öffentlich entschuldigen.

In den heutigen Kommentaren wird dennoch unterstrichen, dass eine positive Entwicklung zur Toleranz im Gange sei. Noch als 1999 von einer Linksregierung der Konkubinatsvertrag "Pacs" eingeführt wurde, war die konservative Rechte geschlossen dagegen. Die spätere Familienministerin Christine Boutin predigte damals mit der Bibel in der Hand dagegen und prophezeite: "Alle Zivilisationen, welche die Homosexualität als normale Lebensweise anerkannt und gerechtfertigt haben, sind dekadent untergegangen."

Heute finden auch fast alle Regierungspolitiker diesen "Pacs", der jetzt oft Heteropaaren als Alternative zur Heirat dient, äußerst nützlich - nicht zuletzt, um nun zu sagen, es brauche zu diesem existierenden Konkubinatsvertrag ja gar keine Ehe für Schwule und Lesben.

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22 Kommentare

 / 
  • GS
    Gottlose Schnecke

    Und wieder pöbeln die ewig christlichen Eheheiligsprecher.

  • K
    Klaus

    Egalite, Fraternite, liberte - die Leitworte der französischen Demokratie - stehen auf jedem Euro - für alle außer Schwule und Lesben - so wird heute 2011 von der konservativen Regierung in Frankreich das Recht mit Füßen getreten

    Ihren Bericht mit dem sexy Ledermännerbild finde ich gut. Gerade die "starken" und "sexy" Ledermänner haben viel beigetragen zur "Emanzipazion" der Schwulen und Lesben. Danke!

    Und wenn sich hier noch einige ewiggestrige homophob verblendeten Kommentare finden, das werden wir auch noch aushalten. Wer es allerdings ernst meint mit Demokratie wird auch weiter Minderheiten schützen und fördern, solidarisch sebstverständlich. Es geht um gleiche Rechte, nicht um Sonderrechte. Es eght nicht darum, daß jetzt alle schwul oder lebisch werden sollen, sondern daß diese 5 % der Menschheit endlich gerecht leben können . Die Mehrheitsgesellschaft macht deutlich, wie willkommen die Minderheiten sind. Und besonders als Botschaft an junge Schwule und Lesben, daß eine Welt mit Gerechtigkeit auf Sie wartet. Davon profitieren wir alle, denn wir haben zwar genug Menschen, aber nie genug Intelligenz für die Welt heute und der Zukunft.

  • PS
    Post Scriptum

    Nur eine Anmerkung: die zwei auf dem Bild könnten doch eigentlich verheiratet sein, wenn mindestens einer von ihnen statt/neben der französischen/deutschen eine Staatsbürgerschaft besitzt, wo die Ehe für die Homosexuellen offen ist.

     

    Viele der Kommentierenden hier können sich das anscheinend wegen dem bisschen Leder und nackter Haut nicht vorstellen :-) Kleingeister.

     

    Wenn beide allerdings nur Franzosen oder nur Deutsche sind, dann nicht, dann wäre für Franzosen nur der PACS eine Option. Ich finde den PACS übrigens der traditionellen Ehe haushoch überlegen, da bin ich wohl der gleichen Meinung wie die ca. 3/4 der „pacses“, die allesamt Heten sind.

     

    Trotzdem ist es geradezu lächerlich, dass in einem Land, das sich in seiner gegenwärtigen Existenz auf etwas beruft, das mit den Worten anfängt: „Alle Menschen werden gleich geboren …“, Menschen, die nur dessen Staatsbürgerschaft besitzen und eben zufälligerweise homosexuell sind, eben dann doch nicht „gleich geboren wurden“ und nicht so heiraten dürfen, wie die heterosexuellen. Und wir reden hier von der traditionellen bürgerlichen Ehe, wohlgemerkt – denn nur die gilt als solche in Frankreich, also für die, die nur die französische Staatsbürgerschaft besitzen!

    Die Menschenrechtserklärung müsste wohl heute mit Sternchen und Kleingedrucktem versehen werden, wenn sie den heute üblichen verbindlichen Verträgen entsprechen müsste. Lächerlich :-) Kleingeister.

  • F
    Frieda

    Super gut und grundanständig !

  • D
    Danke

    Vive la France!

     

    Danke an die aufrechten und anständigen Abgeordneten, die die Ehe als das heilige Sakrament bewahren. Ein Bund zwischen Mann und Frau.

     

    Linke und deren Schmierenblätter haben es nicht verstanden, dass die Akzeptanz von Homosexualität nicht heißen muss, dass man die Ehe zerstört.

     

    Zudem ist Homosexualität keine politische Einstellung.

  • 1F
    13. Fee

    Ach, liebe taz, wie schön schnell getitelt und bebildert. Frankreich hinkt also weit, weit hinterher? So so. Wie wäre es mit ein klein wenig Kontext? So wie zum Beispiel, dass es bislang doch nur wenige europäische Länder sind, die eine Öffnung der traditionallen Ehe vorgenommen haben? Oder wie emanzipatorisch die PACS eigentlich sind, für die weder biologisches Geschlecht noch Gender noch Begehren noch biologische Verwandtschaft von Interesse sind - sondern nur der Willen zweier Menschen füreinander Verwantwortung zu übernehmen? Klingt irgendwie immer noch verdammt aktuell. Wenn ich nicht ganz daneben liege, ist Frankreich bislang das einzige Land, dass eine solche moderne rechtlich abgesicherte Option dafür geschaffen hat. Vielleicht ist Frankreich zumindest in dieser Hinsicht doch noch vorne dran? Wer weiß? In der taz erfahren wir es jedenfalls nicht. Wie bedauerlich.

  • T
    torsa

    Das natürliche Empfinden der meisten Menschen spiegelt sich im Ergebnis dieser Gesetzes Initiative wieder.

    Wenn alle Parlamentarier so abstimmen würden, wie sie empfinden, würde das Ergebnis noch viel klarer sein.

    So wie bei der direkten Demokratie. Es ist nämlich ein Trugschluss, wenn man glaubt, dass man durch Gesetze das natürliche Empfinden und Gewissen auf Dauer ausschalten kann.

  • M
    M.Gericke

    Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Gleichem und Ungleichem? Wenn jemand angewiesen ist darauf, sein ICH durch jemand anders bestätigen zu lassen wie ein Kind, anstatt die Freiheit zur Ergänzung durch das ganz ANDERE(hetero) zu suchen, dann hat er doch irgenwie Angst vor dem Leben. Im Übrigen war es schon immer sehr komisch/tragisch und befremdlich, wenn Leute sich ihr Selbstverständnis über eine (schönste) Nebensache zu konstruieren neigen.Bei Licht betrachtet ist die Haupt-Orientierung auch bei Schwul/innen nicht wirklich die sexuelle ,sondern die Horizontale um ihrer selbst willen.Selbst-Ironie,Sentimentalität, Vortäuscherei aus der bekannten Kontakt-Not heraus, bedingt durch eine ganz tragische ,emotionale Kälte. Die Ehe ist etwas Anderes!

  • A
    aurorua

    Sehr vernünftig, es gibt genügend kranke Modeerscheinungen!

  • T
    Thomas

    Können zu solchen schwulen- und lesbenrelevanten Themen nicht auch mal Fotos fernab jeglichen Klischees gezeigt werden? Warum gleich wieder mal in die Lederecke greifen?

     

    Schwule und lesbische Kultur ist vielfältiger als es sich die TAZ vorstellen kann!

  • F
    Friedel

    Halbnackte lederberiemte CSD-Feiernde als Bebilderung eines Artikels zur Ehe von Homosexuellen... Klischeehafter geht es ja kaum.

  • E
    emil

    modeerscheinung und die frau als das schwächste?

    manchmal fällt es mir schwer zu glauben, dass staat und kirche in frankreich wirklich getrennt sind.

    wo ist der laizismus jetzt?!

  • N
    Nico

    "Die Ehe dürfe nicht angetastet werden, weil sie "dem Schutz der Schwächsten, beginnend bei der Frau" diene."

     

    Da fällt mir nur eins ein: Mittelalter.

  • M
    Medusa

    Nein, bloß keine Volksabstimmung. In Europa starten wir nur Volksabstimmungen um Menschen ihre Rechte zu nehmen - siehe Schweiz. Wo soll das denn enden, wenn wir nun eine Art positive Demokratie leben würden, wo wir über schöne, lebensbejahende Sachen abstimmen, wie die Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften?

     

    Am Ende würde der Rest der Welt noch glauben, dass es hier in Europa recht viele Menschen gibt, die sich um mehr als sich selbst kümmern und die sich über veraltete Normen hinwegsetzen können. Das wäre doch nun wirklich widerlich...

  • D
    Dierk

    hahahahahaha, aber mal ganz ehrlich : der titel des artikels und das anzeigebild, das passt mal garnicht zusammen. liebe taz, was habt ihr denn für eine vorstellung von homosexuellen? ich weiß, das wird ein ganz blöder fehler sein, aber ey, neee.

  • S
    Student

    Da sieht man mal wie gut Parlamente das Volk vertreten. Frei nach dem Motto: "Das Volk ist für die Homoehe, wir sollten besser nicht nachgeben sonst gibt es hier am Ende noch sowas wie eine Mitbestimung des Volkes in einer sog. Demokratie."

  • R
    Renegan

    Wenn es um die Rechte einer Minderheit geht, ist eine Volksabstimmung wohl eher nicht das adequate Mittel.

  • H
    Hetero

    "weder nach dem Wind richten noch Modeerscheinungen beugen"

     

    Man o man .. "Modeerscheinung" holen die Franzosen dann morgen noch die Pille gegen den Homo raus? Oder Elektroschocktherape zur "Heilung"?

     

    Dumme Menschen machen mich wütend.

  • T
    Tarek

    Zwei Dinge:

     

    Erstens seit ihr von der Taz lahme Enten. Diese Info habe ich bereits vor einer Wochen bei queer.de gelesen. Das lässt ein wenig den durch schimmmern dass euch das Thema nicht so wichtig ist.

     

    2. Mit dem Bild, dass ihr für diesen Artikel gewählt habt, zeigt ihr mal wieder dass ihr keine Ahnung habt welche Message ihr mit diesem sendet. Zwei Leder-Daddys auf dem CSD? - Das ist nun wirklich nicht die Realität und ziemlich unpassend zu diesem Thema.

  • G
    Guido

    ...es gibt übrigens noch andere Homos als die Nackten in Lederstriemen.

  • J
    Johannes

    Einfach traurig zu sehen, dass selbst angeblich so "weitentwickelte" und "moderne" Nationen wie Frankreich gesellschaftlich & politisch immer noch unterentwickelt und konservativ sind.

     

    Eines Tages wird man hoffentlich verächtlich auf solch Zeiten schauen...

  • B
    Basisdemokrat

    Einfach eine Volksabstimmung dazu starten!