Gesetzesentwurf: BKA soll Anti-Terror-Polizei werden
Das Bundeskriminalamt bekommt mehr präventive Befugnisse, um gegen den internationalen Terrorismus aktiv zu werden.
Das Bundeskriminalamt (BKA) soll als zentrale Anti-Terror-Polizei in Deutschland gestärkt werden. Das ist der Plan der hinter der Novelle des BKA-Gesetzes steckt. Innenminister Schäuble und BKA-Chef Ziercke nutzen den islamistischen Terror, um die Kompetenzen des BKA massiv in den präventiven Bereich auszuweiten.
§ 20a: allgemeine Generalklausel zur Gefahrenabwehr
§ 20b: Datenerhebung
§ 20c: Befragung von Personen
§ 20d: Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen (z.B. Eintrittskarten)
§ 20e: Erkennungsdienstliche Maßnahmen (Photo, Fingerabdruck, Körpergröße)
§ 20f: Vorladung zur Polizei
§ 20g und h: planmäßige Beobachtung / heimliche Bild- und Tonaufnahmen innerhalb und außerhalb der Wohnung / Observation mit technischen Mitteln z.B. GPS / Einsatz von V-Leuten / Einsatz verdeckter Ermittler
§20i: Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung
§ 20j: Rasterfahndung § 20k: Online-Durchsuchung
§ 20l: Abhören von Telefonen, Lesen von Emails
§ 20m: Auswertung von Telekommunikations-Verbindungsdaten
§ 20n: Identifizierung und Lokalisierung von Handys
§ 20o: Platzverweis
§ 20p: Gewahrsam
§ 20q: Durchsuchung von Personen
§ 20r: Durchsuchung von Sachen
§ 20s: Sicherstellung von Sachen
§ 20t: Durchsuchung von Wohnungen
§ 20u-y: Verfahrens- und Schutzvorschriften
Bisher war offiziell ausschließlich die Landespolizei - insbesondere die Landeskriminalämter - für die Abwehr terroristischer Gefahren zuständig. Das BKA wurde nur in die Verfolgung bereits begangener Straftaten eingeschaltet. Faktisch war jedoch auch das BKA präventiv tätig, weil im Terrorbereich die Strafbarkeit schon im Vorfeld von Straftaten beginnt und zum Beispiel wegen Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB) ermittelt werden kann.
Mit Aufkommen des islamistischen Terrors, der sich in der Regel nicht in einer dauerhaften Vereinigung organisiert, ist dieser strafrechtliche Ansatz aber tendenziell weggefallen. Schäuble und das BKA drängten deshalb auf echte Präventiv-Kompetenzen für das BKA.
Bei der Föderalismusreform im letzten Herbst wurde deshalb das Grundgesetz so geändert, dass das BKA auch Präventivbefugnisse bekommen kann. Selbst die Länder, die lange opponierten, haben sich mit dem Machtzuwachs der Bundeskrimiminalpolizei abgefunden. Die Novelle des BKA-Gesetzes setzt diese Entscheidung nur noch um und gestaltet sie aus.
Mit Schäubles Gesetzentwurf soll jetzt ein neuer Abschnitt "Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus" in das BKA-Gesetz eingeführt werden. Das BKA könnte sich dann um islamistische Gefährder kümmern, wenn eine länderübergreifende Gefahr vorliegt oder wenn unklar ist, welches Land zuständig ist.
In insgesamt 25 Paragraphen, die von 20a bis 20y reichen, werden dem BKA neue präventive Befugnisse eingeräumt (siehe Kasten). So kann es Gefährder nach ihrem Ausweis fragen, in Gewahrsam nehmen oder die Wohnung durchsuchen. Die Autoren haben an alles gedacht: Wenn ein Parkplatz belegt ist, der für eine Observation benötigt wird, dann kann das BKA gegen den Fahrer sogar einen Platzverweis aussprechen.
Interessant sind vor allem die geheimen Polizeimethoden. So kann das BKA künftig selbst präventive Rasterfahndungen durchführen. Bisher konnte es nur die Rasterfahndungen der Länder koordinieren, was aber zu Reibungsverlusten führte, wie sich bei der Suche nach islamistischen Schläfern 2002 gezeigt hat. Auch das präventive Abhören von Telefonen ist zur Abwehr einer "dringenden Gefahr" für Leib und Leben möglich. Außerdem soll das BKA präventiv Wohnungen verwanzen können - auch das eine Befugnis, die die Länderpolizeien schon lange haben.
Der Gesetzentwurf ist zwischen CDU/CSU und SPD fast durchgängig Konsens. Nur der Paragraph 20k, der dem BKA das heimliche Ausspähen von privaten Computern erlaubt, ist noch umstritten. Die meisten der geplanten neuen Befugnisse hat das BKA auch bisher schon, aber eben nur zur Strafverfolgung, nicht zur Gefahrenabwehr.
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