Gesetzentwurf zum Sorgerecht: Neuigkeiten für Kümmer-Väter
Mütter sollen nicht mehr einfach das gemeinsame Sorgerecht ablehnen können. Am Mittwoch diskutiert das Kabinett einen Entwurf des Justizministeriums.
BERLIN taz | Schaut man sich die Namen Neugeborener an, staunt man mitunter: Viele Kinder tragen den Nachnamen des Vaters. Auch dann, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind. Das gab es früher kaum. Beobachter sehen darin ein Indiz dafür, dass Väter heute präsenter sind als früher und das auch nach außen dokumentieren wollen.
Tatsächlich gibt es heute mehr Männer, die für den Nachwuchs da sind. Doch das neue Kümmern der Väter ist nicht so geregelt, dass ihnen die gleichen Rechte zustehen wie Müttern. Das soll sich jetzt ändern.
Am Mittwoch will die Koalition über einen Referentenentwurf zum gemeinsamen Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern verhandeln. Der Entwurf aus dem Justizministerin, der der taz vorliegt, wurde lange erwartet. Nötig geworden war er, weil das Bundesverfassungsgericht – angestoßen durch den Straßburger Menschenrechtsgerichtshof – 2010 das geltende Recht gekippt hat, nach dem die Mutter die gemeinsame Sorge ablehnen kann.
Nach dem Willen von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) soll die Mutter das gemeinsame Sorgerecht nicht mehr so einfach ablehnen können. Zwar soll sie nach der Geburt des Kindes zunächst das alleinige Sorgerecht bekommen und der Vater muss sich für das gemeinsame Recht aussprechen. Lehnt die Mutter das ab, kann der Vater beim Familiengericht die gemeinsame Sorge beantragen.
Streit um beschleunigtes Verfahren
Innerhalb einer bestimmten Frist – im Gespräch sind sechs Wochen – kann die Mutter ihre Gründe darlegen, warum sie das nicht will. Schweigt sie oder „trägt keine potenziell kindeswohlrelevanten Gründe vor“, wird das gemeinsame Sorgerecht erteilt. Das soll im beschleunigten Verfahren geschehen.
Obwohl sich die Koalition dem Vernehmen nach einig ist, könnte es im Kabinett am Mittwoch trotzdem zu Debatten kommen. Ein Streitpunkt könnte das beschleunigte Verfahren sein, bei dem zudem nicht in jedem Fall eine Anhörung beider Elternteile vorgesehen sein soll.
Das lehnt beispielsweise die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) ab. „Ein vereinfachtes Verfahren wird der Bedeutung des Sorgerechts nicht gerecht“, sagt sie. Die Eltern seien anzuhören, weil RichterInnen am besten im Gespräch feststellen können, „wie die tatsächlichen Umstände sind“.
Merks Vorstoß sorgt bei der FDP für Irritation. So weist der Bundestagsabgeordnete Stephan Thomae Merks Kritik als „unberechtigt“ zurück. Die Mütter hätten selbst in der Hand, das beschleunigte Verfahren zu verhindern, sagt er: „Wenn die Mutter die Zeit verstreichen lässt, gibt sie damit zu erkennen, dass auch sie auf eine mündliche Verhandlung keinen Wert legt.“ Außerdem habe sie „während der Schwangerschaft Zeit, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob sie eine gemeinsame Sorge mit dem Vater will.“
Studie: Mehrheit der Eltern für gemeinsame Sorge
Begleitend zur Gesetzentwicklung hat das Justizministerium eine Studie in Auftrag gegeben, die Erstaunliches zutage förderte: Die Mehrheit der nicht miteinander verheirateten Eltern, 62 Prozent, bekennen sich kurz vor oder nach dem Geburtstermin zur gemeinsamen Sorge.
Das sind mehr als erwartet, heißt es in der Untersuchung. Von den Eltern, die bei der Geburt des Kindes ohne Trauschein zusammenleben, vereinbaren zwei Drittel die gemeinsame Verantwortung. Die, die das ablehnen – das sind mehr Frauen als Männer –, begründen das mit Partnerschaftsproblemen. Dazu zählt auch, dass beide Partner nichts (mehr) miteinander verbindet. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass für solche Paare das gemeinsame Sorgerecht „weniger empfehlenswert“ sei.
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