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Geschlechterrollen im KinderfilmGendertypische Kätzchen

Mit großen Krisen der Gegenwart und Zukunft will die Kolumnistin bei ihren Kindern keine Panik schüren. Eine Ausnahme macht sie fürs Patriarchat.

Immer lieb, immer süß: Aristocats-Kätzchen Marie (augenscheinlich rechts) hat keine komplexe Rolle Foto: Loren Javier/Creative Commons Flickr

D er Scheißkrieg gegen die Ukraine dauert jetzt schon so lange, dass ich in dieser Zeit bald drei Mal zum Friseur gegangen sein werde. Ich habe mich an die Horrornachrichten gewöhnt. Nur manchmal erschrecke ich mich, und dann erschrecke ich mich noch einmal, dass ich erst daran erinnert werden muss, was Menschen im Krieg erleiden.

Insgesamt scheint auch der Enthusiasmus abgenommen zu haben, mit gelb-blauen Flaggen zu wedeln, und in der Schulen geht es wieder um vergangene Kriege, als wäre das alles Geschichte. Mir kommt das gelegen, denn Anfang April hatte eins meiner Kinder nach der „Thematisierung des Krieges im Unterricht“ eine solide Angst vor einem Atomkrieg mitgebracht.

Meine Taktik war bis dahin gewesen, meinen Kindern die gruseligen Details des Krieges vorzuenthalten und nur dann mit der Sprache rauszurücken, wenn sie mich von sich aus darauf ansprechen. So hatte ich es bisher auch mit der Klimakrise gehalten. Ich sehe keinen Sinn darin, ihnen die Ängste einzutrichtern, die ich selbst täglich mühsam verdrängen muss. Mir scheint Panik auch nicht der direkte Weg zu einer besseren Welt, aber ich mag mich täuschen.

Als ich neulich über meine Ausweichmanöver nachdachte, wurde mir klar, dass meine Kinder das Patriarchat für das größte Übel der Welt halten. Weil: Darüber rede ich mit ihnen lang und ausführlich, was ich manchmal bereue, weil es einem ja schon die Laune verderben kann, wenn man sich die anhaltende Diskriminierung von allen, die nicht einwandfrei männlich gelesen werden können, vor Augen führt.

Die Katzenjungs erkunden, das Mädchen wird gerettet

Als Kind habe ich beispielsweise den Disney-Film „Aristocats“ geliebt, aber als ich ihn meinen Kindern vorführte, schäumte ich vor Wut über die Geschechterstereotype und stoppte zu ihrem Leidwesen den Film mehrfach für Kurzreferate. „Habt ihr das gesehen?“, geiferte ich. „Die beiden männlichen Kätzchen erkunden die Welt und erschaffen Kunstwerke“ (ist halt ein Film) „und ihre Schwester muss permanent gerettet und getragen werden und ihre Gedanken kreisen darum, wie sie so schön wie Maman sein kann.“

Noch wütender war ich, als ich kurz darauf las, dass Disney den Film nicht mehr im Kinderkanal zeigt. Aber nicht wegen der diskriminierenden Darstellung von weiblichen Katzenkindern. Sondern weil ein Musiker der Straßenkatzen-Band, der in wenigen Filmminuten zu sehen ist, eine Siamkatze ist. Mit Schlitzaugen. Die Klavier und Schlagzeug mit Essstäbchen spielt. Das sei rassistisch, so Disney, und alle applaudieren.

Da mag ja etwas dran sein. Aber warum wird es allgemein für unproblematisch gehalten, wenn Kinder täglich in Büchern, Filmen und Hörspielen auch jüngeren Datums erfahren, dass Jungs cool sind und etwas erleben, während Mädchen sich um ihr Aussehen und verlassene Tiere kümmern?

Aristocats lohnt sich übrigens trotzdem anzuschauen. Wenn sich die Hunde Napoleon und Lafayette mit dem bösen Diener Edgar eine wilde Verfolgungsjagd liefern, muss ich auch heute noch so lachen, dass ich meine Wut vergesse.

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Eiken Bruhn
Redakteurin
Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.
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4 Kommentare

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  • Freilich Aristocats, Jim Knopf...alles Millenniumaufgaben, aber wer fängt den nun endlich an die heiligen Schriften der Völker durchzugenden. Ich bin schon zu Tode gelangweilt, wenn ich bisher vorgelegte moderne Übersetzungen der Bibel lesen muss...Lesen Sie die Originalübersetzung; ich bin hingerissen über die Sprache unseres (genialen) Schuftes Martin Luther.



    Müssen doch nicht gleich mit Gendermanie über alle Traditionen wie die Bilderstürmer herfallen....gut, ohne Revolutionen wo wären wir heute...aber muss es gleich das Köpferollen der Jakobiner werden??

    • @Günter:

      Die Bibel brauchen Sie nicht umschreiben, die ist schon im Original ein Kampfschrift gegen das Patriarchat. Die Frau trägt von Anfang an Verantwortung und wird - genau wie Männer - mit allen Stärken und Schwächen von Gott als Mensch ernst genommen. Das geht schon bei Adam und Eva los, aber auch die Frauen der alttestamentlichen "Patriarchen" werden in ihrer Beziehung zu Gott als sehr eigenständig erzählt, allen voran Sarah, die ihren lieben Abraham absolut im Griff hatte.

      • @Winnetaz:

        Danke, schöner Hinweis! Bekanntlich hatte Sarah ihrem Mann gestattet, eine zweite Frau zu nehmen. Beide Frauen bekamen Kinder, die Nachfahren streiten bis heute.



        Ob's die Überlieferungen sind, die uns tiefer in die Seele gepflanzt sind, als wir jemals zuzugeben im Stande sein werden oder ob es der wirre Aufstand dagegen ist.....Leider können wir es uns in der heutigen Zeit nicht mehr leisten dem anderen seine Überzeugungen nachzusehen. In den periodischen Säuberungen unserer Weltgeschichte ist indes die Sprache unser erstes Handwerkszeug. Nehmen wir also mit, dass man nicht früh genug damit anfangen kann, unseren Kindern ihre Spaß zu verderben, herauszusäubern was ihre Seelen verdirbt, etwa eine Siamkatze, die mit Essstäbchen auf die Trommel schlägt. Übrigens, jetzt weiß ich auch warum meine Frau immer schimpft, wenn ich als weißer alter Mann mir mit ner Gabel den Rücken kratze, weils rassistisch ist...da mag ja etwas dran sein, möchte ich gütig feststellen.

  • Und dass O'Malley keinerlei Probleme damit hat als er erfährt, dass die von ihm begehrte Duchesse Mutter dreier Kinder ist, scheint ihnen völlig entgangen zu sein? Verdammtes Patriarchat.