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Geschlechtergerechtigkeit bei OlympiaIrgendwann später

Der Frauenanteil ist bei diesen Spielen auf 45 Prozent gestiegen. Klaren Vorrang haben die Männerwettbewerbe allerdings bei der Terminierung.

Tolles, wenig beachtetes Eishockey-Finale: Kanadierinnen freuen sich über knappen Sieg gegen die USA Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

Das wars. Die Schlussfeier kann beginnen. So ist es Tradition. Nach dem Finale der besten Eishockeymannschaften kommt nur noch das Farewell von den Spielen. Aber es ist doch erst Donnerstag. Und die Schlussfeier ist erst am Sonntag. Das große Eishockeyfinale ist jedenfalls gelaufen. Kanada hat mit 3:2 gegen die USA gewonnen. Die besten Spielerinnen des Planeten haben im Endspiel gezeigt, was sie können. Kanadas Kapitänin Marie-Philip Poulin, die zwei Tore geschossen hat, oder die US-Eishockeylegende Hilary Knight.

Ein würdiger Schlussakt der Spiele wäre das gewesen. Aber den werden wie üblich die Männer bestreiten. Dabei sind in deren Turnier die Besten gar nicht dabei. Die nordamerikanische Superliga NHL wollte wegen der Covid-Situation keine Spieler nach China lassen. Ein zweitklassiges Finale am Sonntag wird die Spiele beschließen. Typisch, könnte man sagen.

Es gibt viele Entscheidungen bei den Frauen, die so terminiert sind, dass sie kaum wahrgenommen werden. Das Eishockeyfinale am Donnerstagmittag in Peking ist kein Einzelfall. Gleich am Anfang der Spiele am Sonntag wollte der Internationale Skiverband seine Paradedisziplin zeigen. Die Abfahrt der Männer sollte Helden produzieren. Die Abfahrt der Frauen, nun ja. Die ist dann halt irgendwann. Als der Wettbewerb der Snowboarderinnen auf der Big-Air-Schanze wetterbedingt verschoben werden musste, bekamen die Frauen einen Termin in aller Herrgottsfrühe. Im Anschluss daran waren die Männer dran. Denen gehörte alle Aufmerksamkeit, dabei war der Frauenwettbewerb wesentlich spannender.

Olympiasiegerin Anna Gasser ist stolz darauf, wie hoch das Niveau in ihren Wettbewerben inzwischen ist. Sie war schon 2018 Olympiasiegerin und ist so lange dabei, dass sie davon erzählen kann, wie schwer es doch bisweilen war, in der Boarderszene als Frau auf sich aufmerksam zu machen. Auch Lindsey Jacobellis erzählt davon nach ihrem Sieg im Snowboardcross. Als sie kurz nach der Jahrtausendwende begonnen hat, Rennen zu fahren, hatte sie nicht viele Gegnerinnen. Das sei jetzt anders, sagt sie. Gut so. Mit ihren 36 Jahren und zwei olympischen Goldmedaillen hat sie in Peking ihre Mission als Botschafterin der Snowboardsports für Frauen vollendet.

Stolz auf den Monobob-Wettbewerb

Ihre zweites Gold im Snow Park hat sie mit Nick Baumgartner im Teamwettbewerb der Snowboardcrosser geholt. Es ist eines der Teamevents, mit denen das Internationale Olympische Komitee zur Gleichstellung von Mann und Frau beitragen will. Neue gemischte Teamwettbewerbe gab es auch an den Aerials der Trickskiakrobaten, an der Skisprungschanze und im Shorttrack-Oval. Stolz verkündet das IOC einen Frauenanteil von 45 Prozent unter den Teilnehmenden.

Und stolz ist man auch auf den Wettbewerb, der den Frauen einen zusätzlichen Medaillensatz beschert. Den Monobob. Die Silbermedaillengewinnerin dieses Wettbewerbs, Elana Meyers Taylor aus den USA, ist froh, dass es nun auch für Bobpilotinnen die Möglichkeit gibt, zwei Medaillen zu gewinnen, so wie das bei den Männern seit jeher der Fall ist. „Das mit dem Monobob war ein Anfang“, sagt sie. Denn warum sollte nicht auch eine Bremserin zwei Medaillen gewinnen können. In den Vierer dürfen Frauen noch nicht. Im Zweierbob sind sie schon seit 2002 dabei. Ihr Landsfrau Kaillie Humphries, Olympiasiegerin im Monobob, denkt schon weiter. „Ich will ein Viererevent für Frauen sehen und Männer im Monobob. Drei Wettbewerbe für beide Geschlechter.“

In der Nordischen Kombination gibt es noch keine Frauenwettbewerbe. Immerhin gibt es seit 2020 Weltcupwettbewerbe. Ob 2026 in Mailand und Cortina Kombiniererinnen auf die Schanze und in die Loipe gelassen werden, steht noch nicht fest. Einen Antrag beim IOC hat der Internationale Skiverband jedenfalls gestellt. Frauen sollen 2026 auch erstmals von der Großschanze springen dürfen. Die Voraussetzungen müssten die internationalen Verbände schaffen, meinte dazu IOC-Sprecher Mark Adams. Die hätten auch bei der Terminierung das letzte Wort.

Was das IOC dann nicht wirklich beeinflussen kann, ist das Medieninteresse. Das ist bei Frauenwettbewerben oft mäßig. Keine zehn Journalisten waren zugegen, als Lindsey Jacobellis über ihren ersten Olympiasieg gesprochen hat. Kurz vorher war das Pressezentrum im Snow Park noch bis auf den letzten Platz besetzt. Snowboard­ikone Shaun White war in der Halfpipe gefahren. Um Medaillen ist es da nicht gegangen. Es war nur die Qualifikation.

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3 Kommentare

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  • Das Argument, dass der Big Air der Frauen spannender war und deshalb zu einer besseren Sendezeit gezeigt werden sollte verstehe ich nicht. Erstens, wie definiert der Autor spannender bzw spannender für wen? Für die deutschen Zuschauer? Die Chinesischen? Oder die ca 5 anderen Nationen die im Finale vertreten waren? Und zweitens, woher sollten die Terminplaner denn im Voraus wissen ob das Frauen oder Männer Finale spannender wird?

  • Ist der Autor dieses Artikels sich bewusst, dass es sich um einen internationales Event handelt? Egal wann eine Veranstaltung gezeigt wird, es ist immer irgendwo auf der Welt gut und irgendwo schlecht.

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Wenn ich das richtig sehe, ist auch das Management der olympischen Spiele fest in den Händen alter Männer... Mehr Frauen in Wettbewerben bedeuten denen nur mehr Fleisch für die Kameras!