piwik no script img

Gescheiterte Koalitionssuche in der TürkeiNeuwahl im November

Weil er keinen Koalitionspartner gefunden hat, kündigt der türkische Präsident Erdogan eine Neuwahl an. Bis dahin will er eine Übergangsregierung bilden.

Zuversichtlich, dass es diesmal klappt: der türkische Präsident Erdogan. Foto: ap

Ankara ap/rtr | Kurz vor Ablauf der Frist zur Bildung einer Regierung hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan für den 1. November eine vorzeitige Neuwahl angekündigt. Er habe nicht die Absicht, der Opposition das Mandat zu erteilen, eine Koalitionsregierung zu bilden, sagte Erdogan am Freitag. Vielmehr werde er eine Übergangsregierung bilden, die das Land in die Neuwahl führen solle. Die Frist für die Bildung einer Regierung läuft Sonntag aus. Erdogans Ankündigung war erwartet worden.

Zuvor hatte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu die Bemühungen aufgegeben, eine Koalition zu zimmern, nachdem die Gespräche mit den Vorsitzenden von zwei kleineren Parteien gescheitert waren. Der Präsident setzt Berichten zufolge darauf, dass die regierende Partei AKP, die er gründete, eine absolute Mehrheit wieder erringt. Umfragen zufolgen könnte das gelingen.

Die AKP wurde bei der Wahl am 7. Juni zwar stärkste Kraft, verlor aber die absolute Mehrheit. Gespräche mit der sozialdemokratischen CHP und der nationalistischen MHP über die Bildung einer Koalition scheiterten.

Die AKP war auch auf einen Partner angewiesen, weil die prokurdische HDP im Juni im ersten Anlauf die Zehn-Prozent-Hürde schaffte und ins Parlament kam. Danach verschärfte die Regierung ihr Vorgehen gegen die Kurden, beendete den Waffenstillstand mit der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und griff deren Lager im Nordirak an.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Müsste E. nicht laut Verfassung erst noch die CHP mit der Regierungsbildung beauftragen, bevor er Neuwahlen ansetzen darf?

  • Da sieht man mal den gewaltigen Unterschied zwischen der Türkei und Deutschland. In der Türkei wird solange neu gewählt, bis das Ergebnis den Alleinherrscher bestätigt hat, in Deutschland wird solange nicht neu gewählt, bis die Alleinherrscherin den Koalitionspartner so entkernt hat, dass er willenlos ihre Arbeit macht und gleichzeitig die Verantwortung für jeden möglichen und unmöglichen Schwachsinn übernimmt.

    • @Rainer B.:

      nur zur erinnerung:

      weder wollte die bisherige opposition miteinander koalieren noch mit der zuvor allein regierenden akp.

      was sollte man ihrer meinung nach in dem falle tun?

      • @Tim:

        Zunächst einmal sollte man das Amt des Präsidenten verfassungsgemäß besetzen. Nach der geltenden türkischen Verfassung ist als eine Voraussetzung für das Amt des türkischen Präsidenten ein abgeschlossenes Hochschulstudium genannt. Den Nachweis dafür konnte Erdogan bislang nicht erbringen. "Wer zum Präsidenten gewählt wurde und Mitglied in einer Partei ist, muss laut Artikel 101 die Beziehung zu seiner/ihrer Partei abbrechen." Auch diese Forderung ist nicht erfüllt. Man muss also feststellen, dass die Türkei derzeit gar keinen verfassungkonformen Präsidenten hat, der überhaupt Neuwahlen ausrufen könnte.