Gericht zu G-20-Protest: Kein Camp im Stadtpark
Nächste Runde im Camp-Streit: Die Übernachtung im Stadtpark sei keine schützenswerte Meinungsäußerung, also auch keine Dauerkundgebung.

Der Stadtpark in Hamburg ohne Zelte Foto: dpa
HAMBURG taz | Der Grundrechtsstreit über die Protestcamps während des G-20-Gipfels in Hamburg wird nächste Woche vor dem Bundesverfassungsgericht entschieden. Am Montag wird der Anwalt der Organisatoren des geplanten Camps im Stadtpark, Martin Klingner, in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einreichen. „Es bleibt mir nichts anderes übrig, ich hätte mir gewünscht, der Hamburger Senat hätte seiner Polizei Einhalt geboten“, sagte Klingner der taz.
Am Freitag hatte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) überraschend entschieden, dem Camp den Schutz des Versammlungsgesetzes zu versagen. Es sei nicht ersichtlich, dass alle 10.000 Camper*innen „rund um die Uhr“ ihre Meinung öffentlichkeitswirksam kund täten (4 Bs 125/17). Die Zeltstadt sei lediglich zum Übernachten gedacht. Damit fehle der versammlungsrechtlich geschützte Kundgabe-Charakter. Das OVG widersprach so den zuvor gefällten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, das dem Protestcamp versammlungsrechtlichen Charakter zugesprochen hatte.
Aus Sicht des Verwaltungsgerichts wiegt das Versammlungsrecht schwerer als die Befürchtungen der Polizei, dass militante GipfelgegnerInnen die Zeltstädte als Basis für Aktionen in der Stadt nutzen könnten.
Das Verwaltungsgericht hatte am Mittwoch auch einen Teil der von der Polizei erlassenen Demo-Verbotszone aufgehoben. Das Camp als „friedliche Versammlung“ könne nicht verboten werden, weil ein „polizeilicher Notstand“ nicht erkennbar sei.
Sollte das Bundesverfassungsgericht Protestcamps als politische Versammlungen anerkennen, die dem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit unterliegen – wie es das Verwaltungsgericht München beim G-7-Gipfel in Elmau 2015 getan hat – wäre das eine schwere Niederlage für den rot-grünen Hamburger Senat als politisch Verantwortlichen für das Agieren der Polizeistrategen, die in der Ära des rechtspopulistischen Hardliners Ronald Schill Karriere gemacht haben.
Leser*innenkommentare
Neinjetztnicht
Ohh, das war für Pfanni...
Pfanni
@Neinjetztnicht Danke, ist angekommen!
Kapiert
Gute Nachricht für die Hamburger, die jetzt nicht hinnehmen müssen, dass ihre Erholungsflächen mehr oder weniger zerstört werden.
Neinjetztnicht
Und woher kommen die Probleme des "einfachen Volkes"?
https://www.youtube.com/watch?v=T8Q_CqlQQV8
Ataraxia
Die Menschen vom Gegengipfel kommen von weit her und brauchen eine Unterkunft, um überhaupt ihre Meinung darstellen zu können: Das Hotel "Vier Jahreszeiten" reicht dafür nicht aus.
Juristisch konsequent müssen jetzt leider auch die G20 leader und leaderines draußen übernachten.
DiMa
Ein Camp war noch nie eine als Demonstration geschützte Einrichtung.
Die Migranten vor dem Brandenburger Tor durften ebenfalls nicht Übernachten und die Besetzung des Oranienburger Platzes war rechtswidrig. Hier ist nur die zuständige Behörde nicht eingeschritten und hat die gebotene Räumung nicht veranlasst.
Neinjetztnicht
Reine Deeskalationsstrategie... *klatsch, klatsch*
Pfanni
Meinetwegen sollen sich doch die besagten „Camper“ dort versammeln, weit weg von Kabelschächten und Bahnanlagen. Damit nicht wieder der eine oder andere von ihnen auf die Idee kommt, die „Reibungslosigkeit“ zu unterbrechen. Den oberen 10.000 kann’s ja egal sein, aber das einfache Volk hat eh schon genug mit Alltagsproblemen zu kämpfen!