Gericht verurteit Bauern: Bach geplättet
Weil er mit dem Bagger die Renaturierung der Wedeler Au rückgängig gemacht hat, verurteilt das Amtsgericht einen Landwirt. 40 Nabu-Helfer hatten zwei Tage daran gearbeitet.
HAMBURG taz | Das Amtsgericht in Hamburg-Blankenese hat einen Landwirt verurteilt, weil er eigenmächtig ein Naturschutzprojekt rückgängig gemacht hat. Gemeinsam mit drei unbekannten Mittätern soll Christian E. im Februar einen 130 Meter langen Abschnitt der Wedeler Au ausgebaggert haben, den der Naturschutzbund Nabu ein Jahr zuvor mit 40 Helfern renaturiert hatte.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Bauer sich der gemeinschaftlichen gemeinschädlichen Sachbeschädigung schuldig gemacht hat und verurteilte ihn zu 60 Tagessätzen à 30 Euro. Gegen das Urteil ist Widerspruch möglich.
Die Wedeler Au ist ein Bach am Hamburger Stadtrand. In den 60er-Jahren noch ein Abwasserkanal, wird sie seit seit einigen Jahren renaturiert – allerdings nicht zur Freude der Landwirte. Sie befürchten, dass bei starkem Regen die Mischwasserrückhaltebecken überlaufen und der renaturierte Bach das verschmutzte Wasser nicht schnell genug abführen kann, so dass es auf die Felder gelangt.
Anfang 2013 baute der Nabu im Rahmen seiner „Bachaktionstage“ Strömungslenker aus Holz und Kiesbänke ein. Sie sollten den Bach wieder mäandern lassen und damit Lebensraum für Fische und Kleinstlebewesen schaffen. Das Altonaer Bezirksamt weist darauf hin, dass der Nabu auf städtischem Grund gearbeitet und von der EU gesetzte Umweltziele verfolgt habe.
Der 13 Kilometer lange Bach ist das zentrale Gewässer des gleichnamigen Regionalparks.
Fünf Naturschutz- und Flora-Fauna-Habitat-Gebiete umfasst er, darunter Binnendünen und Moore. Er soll helfen, sie zu erhalten und erlebbar zu machen.
Die Bachaktionstage des Nabu dienen laut Bezirksamt Altona der Gewässerunterhaltung. Dazu gehöre auch die Förderung der ökologischen Funktionfähigkeit.
Die geplanten Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für die Wedeler Au seien den Landwirten vorgestellt worden.
Am 18. Februar morgens beobachtete die Erzieherin eines nahe gelegenen Waldkindergartens, wie ein Trecker mit angehängtem Tieflader und einem Bagger darauf anrückte. Der Bagger ruckelte los und hob in mehr als 100 Metern Entfernung an, die künstlichen Inseln aus dem Bachbett zu schaufeln. Die Erzieherin sprach den dabeistehenden Bauern an, dessen Kinder sie betreut, und er erzählte ihr bereitwillig, der Bach werde ausgegraben, weil das Wasser sonst die Ufer abtrage.
Der Landwirt stritt vor Gericht ab, etwas mit der Baggerei zu tun zu haben. Er sei zufällig mit dem Auto vorbeigekommen, weil er seiner Tochter eine Jacke habe bringen müssen und habe eben die Arbeiten beobachtet. Zu den anderen drei Männern der Gruppe wollte er nicht sagen. Die Erzieherin konnte sich zwar nicht mehr konkret daran erinnern, E. auf dem Trecker beobachtet zu haben, war sich aber sicher, dass der Landwirt zu der Gruppe mit dem Bagger gehörte und dass es sich um E.s Trecker handelte.
Der Richter hielt dem Landwirt zugute, dass er als Repräsentant der Bauernschaft sich in der Öffentlichkeit schelten lassen müsse und es schön gewesen wäre, wenn das Bezirksamt das Projekt einvernehmlich betrieben hätte. Trotz des Schadens von 12.600 Euro und angesichts möglicher Schadensersatzansprüche beließ er es bei der Strafe von 1.800 Euro.
Der Bauer war von dem Urteil angefasst. „Der Schaden, den wir haben, interessiert keinen“, sagte er nach dem Prozess. „Das lohnt sich doch gar nicht mehr, hier Landwirtschaft zu betreiben.“
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