Gerechte Bezahlung im Spitzensport: Turn- und Geldbeutel
In den USA liegt ein Gesetzentwurf zum Equal Pay vor: Gelder für die Männer-Fußball-WM 2026 nur, wenn Frauen gleich bezahlt werden.
„Die eindeutig ungleiche Bezahlung zwischen den amerikanischen Männer- und Frauenfußballmannschaften ist inakzeptabel, und ich bin froh, dass der jüngste Sieg der amerikanischen Frauenfußballmannschaft zu einem öffentlichem Aufschrei geführt hat“, sagte der Demokrat aus West Virginia am Dienstag, als er seinen Gesetzentwurf vorstellte. Vor dem WM-Turnier hatten etliche Nationalspielerinnen bereits Klage gegen den Verband eingereicht.
Parlamentarische Mitstreiter hat Manchin noch nicht, aber das Thema „equal pay“ war auch bei den Feiern am Mittwoch in New York zentrales Thema, als Zehntausende Fans den neuen Fußballweltmeisterinnen zujubelten.
Unrealistisch ist Manchins Projekt nicht. Die Überlegung, die Forderung nach gleicher Bezahlung an Mittelvergabe zu knüpfen, ist etwa in US-Universitäten die Regel: Title IX ist ein Bundesgesetz, das jegliche Geschlechterdiskriminierung an Hochschulen dergestalt untersagt, dass schlicht keine öffentlichen Mittel mehr kommen, wenn man dagegen verstößt.
Wenn also große US-Universitäten ihr umfangreiches Football-Programm aufrecht erhalten wollen – und dafür auch Bundesmittel einplanen – , so müssen sie ähnlich große Programme für Frauensport auflegen. Nicht wenige Beobachter erklären die Stärke des US-Frauenfußballs zumindest zum Teil mit Title IX.
Gleiche Bezahlung oder bedingungsloses Grundeinkommen
Was wie eine US-Besonderheit erscheint, könnte auch hierzulande für Diskussionen über ungerechte Bezahlung im Spitzensport sorgen. Jüngst sorgte Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler für Aufsehen, indem er ein bedingungsloses Grundeinkommen für Sportler forderte. Er kenne „genug Olympiasieger aus Deutschland, die leider von ihrem Sport nicht leben können“, sagte Röhler. „Sie sind auf Förderungen und familiäre Unterstützung angewiesen.“ Röhler argumentiert mit den Einnahmen, die etwa das Internationale Olympische Komitee mit seinen Top Events, vor allem den Sommerspielen, generiert.
„Die Olympischen Spiele sind das größte Event, bei dem weltweit Leute begeistert zusehen – und wir bekommen null Komma null Gage“, sagte Röhler. „Wenn wir Glück haben, bekommen wir eine kleine Förderung von unserem Land, bei der wir hundertmal Danke sagen müssen.“ Röhler verlangt eine „faire Verteilung der Gelder“, und steht damit nicht allein. Seit 2017 gibt es den Verein „Athleten Deutschland“, der sich als Interessenvertretung, wenn nicht gar Gewerkschaft für Sportler versteht. Das Problem ist unübersehbar: Im öffentlichen Diskurs wird eine Mannschaft Weltmeister wurde. Allein, es kassiert nur eine sehr kleine Gruppe: männliche Fußballer der Spitzenklasse.
Einfluss auf Gehälter, die Vereine zahlen, oder auf Honorare, die etwa von werbetreibenden Firmen gezahlt werden, kann der Staat kaum nehmen. Worum es geht, sind die Gelder, die die Verbände an Kaderathleten zahlen – wo also die Sportverbände quasi in Staatsfunktion handeln.
Dass mit dem Team USA gerade eine Mannschaft Weltmeister wurde, die in der Öffentlichkeit und vor Gericht besonders kämpferisch vorgeht, macht Vielen Hoffnung. Das Team USA hatte sich vor der WM mit dem Verband geeinigt, dass danach über seine Forderungen verhandelt wird. Unterstützt von Joe Manchins Gesetzentwurf ist da jetzt Bewegung drin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour