Gérard Depardieu wechselt Nationalität: Obelix bei den Russen
Es reicht. Gérard Depardieu hat die Schnauze voll. Der Schauspieler gibt seinen französischen Pass ab und wird Russe. Die spinnen, die Gallier.
BERLIN taz | Gérard Depardieu ist ein großer Mann und hat einen Hang zur ganz großen Geste. Da hat er vieles mit dem russischen Präsidenten gemein. Wladimir Putin verbindet mit dem Schauspieler jetzt auch die Nationalität: Depardieu kehrt seinem Geburtsland den Rücken und wird Russe. Das passt. Der Obelix-Darsteller hat mittlerweile die Statur eines russischen Bären.
Der Kreml-Chef hatte ihm am Donnerstag die Staatsbürgerschaft verliehen. Was wie ein Publicity-Gag wirkte, ist keinen Tag später Wirklichkeit, Depardieu nahm an. Der Schauspieler mag sein neues Land sehr, Kommunisten mag er auch. Das französische Staatsfernsehen zitiert aus einen Brief des Schauspielers an „die russischen Journalisten“: „Mein Vater war Kommunist und hat Radio Moskau gehört. Das ist ein Teil meiner Kultur.“
Seit den 70er Jahren ist Depardieu einer der beliebtesten und erfolgreichsten Schauspieler der „Grande Nation“. Der Hobbywinzer und Restaurantbesitzer ist nicht nur berühmt, er ist auch reich. Da trifft es sich gut, dass in Russland allgemein ein Steuersatz von lediglich 13 Prozent gilt.
Das führt zum eigentlichen Grund des Passwechsels: Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault hatte Depardieus Plan, aus Protest gegen eine geplante Reichensteuer von 75 Prozent auf Einkommen von mehr als einer Million Euro im Jahr auszuwandern, als „ziemlich erbärmlich“ kritisiert.
„Freund“ Wladimir
Die Kritik an der Kritik nahm der sensible Schauspieler persönlich und schreibt, Russland sei kein Land, in dem der Regierungschef einen Bürger „erbärmlich“ nenne. Frankreichs Präsident François Hollande ließ er wissen, „dass ich Wladimir Putin sehr schätze und dass dies gegenseitig ist“. Das dürfe Putin, der Depardieu unlängst als „Freund“ bezeichnete, freuen.
Depardieu ist allerdings kein ganz pflegeleichter Mitbürger. Er fühlt sich schnell ungerecht behandelt und reagiert dann häufig ziemlich unkonventionell. Zwei Beispiele: In Paris schlug er im August 2012 nach einem leichten Unfall mit seinem Motorroller einen Autofahrer und beging dann Fahrerflucht.
Ein Jahr zuvor verbot ihm eine Stewardess während des Starts auf die Toilette zu gehen. Daraufhin urinierte er in die Kabine. Interessant wird sein, wie der nicht unbedingt für seine Toleranz bekannte „lupenreine Demokrat“ Putin reagiert, wenn Depardieu in eine Aeroflot-Maschine uriniert.
Depardieus Brief endet übrigens mit dem nationalistischen Ausruf „Ehre sei Russland“ – die Spinnen, die Gallier.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge