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Geplantes HeimatministeriumKritik von Türkischer Gemeinde

Die Türkische Gemeinde hält die Fokussierung auf den Heimat-Begriff für falsch. Ihr Vorsitzender Gökay Sofuoglu befürchtet die Förderung von Ausgrenzung.

So sieht also „Heimat“ aus Foto: dpa

Berlin epd | Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat die Pläne für ein Heimatministerium mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer als Ressortchef kritisiert. „Die Fokussierung auf den Heimat-Begriff setzt den falschen Akzent zur falschen Zeit“, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Gökay Sofuoglu, der Berliner Zeitung. Der Begriff Heimat beschreibe einen „von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Erfahrungs- und Gefühlsraum“. Dies auf einen politischen Kontext zu übertragen, „halten wir nicht nur aufgrund der deutschen Vergangenheit für problematisch“.

„Wir befürchten, dass er nicht Zusammenhalt und Zusammengehörigkeit, sondern Ausgrenzung und Spaltung fördert“, betonte Sofuoglu. Nötig sei stattdessen ein inklusives Verständnis der Bundesrepublik als pluralistische Gesellschaft mit dem Grundgesetz als gemeinsamer Wertebasis für ein friedliches Zusammenleben.

Die nordrhein-westfälische Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) betonte hingegen, Heimat grenze nicht aus, sondern sei etwas Verbindendes. „Heimat ist für alle, auch für Zugewanderte, da und richtet sich nicht gegen irgendwen“, sagte sie der Berliner Zeitung.

Söder: Es geht um den ländlichen Raum

Das geplante Heimatministerium auf Bundesebene soll nach Darstellung des bayerischen Heimatministers Markus Söders (CSU) für einheitlichere Lebensbedingungen in Deutschland sorgen. Ziel für Bayern sei gewesen, dass der ländliche Raum genauso Entwicklungs- und Lebensraum sein müsse wie die Ballungszentren, sagte Söder gegenüber epd am Freitag. Der ländliche Raum dürfe sich nicht nur zum Museum entwickeln. Es gehe darum, Startchancen für junge Menschen zu verbessern.

Zum Abschluss ihrer Koalitionsverhandlungen hatten Union und SPD in dieser Woche vereinbart, dass der derzeitige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Bundesinnenminister werden soll. Sein Ministerium soll auch für die Bereiche Bau und Heimat zuständig sein. Das erste Heimatministerium in der Bundesrepublik wurde nach der Landtagswahl 2013 in Bayern auf Wunsch von Seehofer gegründet. Es wurde an das Finanzministerium angegliedert. Inzwischen gibt es ein Heimatministerium auch in Nordrhein-Westfalen.

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13 Kommentare

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  • Ich bin mit Leib und Seele Heidelberger, Kurpfälzer, Badener, Deutscher, Europäer. An dem Begriff Heimat kann ich nichts Schlimmes finden. Was ist denn so furchtbar daran, seine Heimat zu lieben? Ich vermute mal, dass es auch viele Mitmenschen mit Migrationshintergrund gibt, die sich als Heidelberger usw. fühlen und diese Region als Heimat betrachten. Wenn Herr Gökay Sofuoglu den Beggriff Heimat als Ausgrenzung aller Zuwanderer verfsteht, dann grenzt er sich selbst aus.

  • Das soll also eine Kopie des Ministry for Homeland Security sein

    plus Bierkrug.

    Wenn sich die AKP-treuen Türken von diesem Politikparadigma unterscheiden würden, dann wäre die Kritik von ihnen an diesem V.Orban-Empfänger auch klarer.

  • 8G
    82732 (Profil gelöscht)

    Ich meine, die Sinnhaftigkeit eines solchen Ministeriums hängt ganz davon ab, wie Aufgaben und Ziele definiert werden. Eben ob abgrenzend oder integrativ. Ob Koexistenz völkisch-ethnischer abgegrenzter Parallelgesellschaften oder wirkliche Integration.

    Positiv wäre ja mal, zur phrasenhaft gebetsmühlenartig geforderten 'Integration' auch mal etwas an Inhalt, Richtung und Wohin zu erarbeiten.

     

    Etwas schräg ist, wenn da ein sich völkisch-ethnisch abrenzender Verband gleich mal darauf haut mit „halten wir [...] aufgrund der deutschen Vergangenheit für problematisch“.

    Wie generalverdächtigend rassistisch ist das denn bitte...

  • Ein Gutachten. Keine Klage und kein Kläger. Also auch kein richterlicher Befund. Den wird es zu diesem Thema nie geben. Man schießt sich doch nicht selbst ins Bein.

     

    Zu den Auffassungen und Motiven des Herrn Sofuoglu und seiner Gemeinde später vielleicht mal was. Jetzt nur die kurze Bemerkung, dass zwei Drittel der Mitglieder der türkischen Gemeinde in Deutschland, die sich zu Präsident Erdogans eher autoritär anmutenden Verfassungsreform äußerten, dafür waren. Es ist keine Ausgrenzung, wenn Leute außen vor bleiben, weil sie das so wollen.

  • Heimat ist eine Kategorie emotionaler Zugehörigkeit und Verbundenheit. Ich kann nicht erkennen, wie dieser Begriff Ausgrenzung befördert. Man fühlt sich eben daheim oder nicht. Da hat doch das Subjekt völlige Deutungshoheit.

  • Als der Verfassungsrechtler Udo di Fabio im von der Seehofer-Regierung in Auftrag gegebenen Gutachten nach juristischer Prüfung der aktuellen Migrationskrise zu dem erschütternden Befund kam, dass die Bundesregierung mit ihrer Weigerung, die Landesgrenzen umfassend zu kontrollieren, eindeutig Verfassungsrecht bricht, wurde es schnell im Papierkorb versenkt. Nun wird Seehofer Innenminister in einer Regierung, die diesen Verfassungsbruch fortsetzen will. Er ist damit ebenso unglaubwürdig, wie Schulz.

    • @Güno Kologia:

      Alles gesagt ! Super !

    • @Güno Kologia:

      Es gibt keine Migrationskrise - nicht für den deutschen Verwaltungsstaat.

      Für die Flüchtenden auf der Welt schon.

    • @Güno Kologia:

      gibt es glaubwürdige Politiker? Egal, Sie kommen vom Thema ab. Was hat das mit der Aussage eines türkischen Lobbyisten zu tun?

  • Solange die türkische Gemeinde ihrem Namen nach die eigene (kulturelle) Heimat östlich vom Bosporus verortet, ist diese Kritik nicht Ernst zu nehmen. Oder will man sich demnächst in deutsch-türkische Gemeinde umbenennen?

     

    Von den Deutschen einen multikulturellen Raum mit dem Grundgesetz als einzigem Rahmen zu fordern, ist zumindest selbstbewußt. Heimatministerium klingt für mich sowieso eher als euphemistische Umschreibung für Einwanderungsbehörde ... ähnlich wie in den USA.

  • Zum Thema "pluralistische Gesellschaft " können wir uns ja eine Menge bei der Türkei abgucken. (Ironie Ende)

    So mal klar ausgedrückt, halte ich es für eine bodenlose Frechheit was dieser Vorsitzende da von sich gibt.

    Einfach mal die Kresse (Lepidium sativum) halten wenn man im Glashaus sitzt.

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Ausgerechnet die türkische Gemeinde. Durchzogen von Erdogan-Nationalisten. Darf jetzt gelacht werden?