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Geplantes GewalthilfegesetzVerbände fordern Schutz für Frauen

Dutzende Initiativen machen Druck: Das Gewalthilfegesetz müsse kommen. Es soll das Recht auf Schutz vor Gewalt für Frauen und deren Kinder absichern.

Innerhalb weniger Tage wurden im August zwei Frauen bei einem Messerangriff in Berlin getötet Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Gleich drei offene Briefe innerhalb einer Woche, der jüngste von Mittwoch: Dutzende Verbände und Initiativen fordern von der Bundesregierung, das im Koalitionsvertrag angekündigte Gewalthilfegesetz endlich auf den Weg zu bringen. Das soll das Recht auf Schutz vor Gewalt für Frauen und deren Kinder absichern und einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen. Doch wie so viele geschlechterpolitische Vorhaben lässt auch dieser Gesetzentwurf auf sich warten.

Das Bündnis Istanbul-Konvention, dem unter anderen Medica Mondiale, der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe sowie ProAsyl angehören, schreibt nun, der Anstieg geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt in den vergangenen Jahren sei „besorgniserregend“: Alle vier Minuten werde eine Frau Opfer häuslicher Gewalt. Und jeden zweiten Tag werde eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet.

Ein Bündnis, dem unter anderen Terre des Femmes, das Centre for Feminist Foreign Policy und der Katholische Deutsche Frauenbund angehören, fragt: „Wie viele tote Frauen braucht es noch, damit Sie handeln?“. Und die Frauenhauskoordinierung, die knapp 275 Frauenhäuser und rund 300 Fachberatungsstellen vertritt, fordert: „Halten Sie Ihr Versprechen und sorgen Sie dafür, dass Frauen und ihre Kinder kostenfreien Schutz und Beratung erhalten.“

Finanzierung als Streitpunkt

Strittig dürfte in der Ampelregierung derzeit vor allem die Finanzierung des Gewalthilfegesetzes sein. „Wir bauen das Hilfesystem bedarfsgerecht aus. Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung“, heißt es zwar im Koalitionsvertrag. Legt man allerdings den Schlüssel der Istanbul-Konvention zugrunde, des Abkommens des Europarats gegen Gewalt gegen Frauen, fehlen hierzulande rund 14.000 Plätze in Frauenhäusern.

Ein bedarfsgerechter Ausbau wäre also teuer. Eine „ausreichende Finanzierung“ von Schutzplätzen, Beratung, Prävention und Täterarbeit aber sei „längst überfällig“, schreiben die NGOs. Nur so werde sich zeigen, „wie viel das Leben einer Frau in Deutschland wirklich wert ist“.

Der Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt müsse zur Priorität gemacht werden, fordern die Organisationen – und das noch in dieser Legislaturperiode. Die Zeit dürfte auch der Grund sein, warum der Druck aus der Zivilgesellschaft nun derart steigt: Sollte der Gesetzentwurf dieses Jahr nicht mehr vorgelegt werden, wird es eng für eine Verabschiedung durch die Ampelkoalition. Aus Kreisen der Grünen hieß es am Mittwoch, der Gesetzentwurf sei zunächst in der Fraktionssitzung vorgestellt worden. Die Hoffnung bestehe, dass er „zügig“ in die Ressortabstimmung komme. Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums sagte der taz, der Entwurf werde derzeit „regierungsintern beraten“.

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5 Kommentare

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  • Da kann ich nur zustimmen, 3 Tote in Solingen und Merz macht die Grenzen dicht. Warum nicht ein bisschen Symbolpolitik anlässlich einer toten Frau jeden zweiten Tag…? (Ironie aus) Definitiv härtere Strafen für Täter: Fußfesseln, Wegsperren aber auch endlich bei vermeintlich schützenden Instanzen der gewollte Einsatz zu helfen, wenn eine gefährdete Frau schon auf der Dienststelle anruft und berichtet, dass ihr gewalttätiger Expartner in unmittelbarer Nähe ist.

  • Ich finde das ist der falsche Ansatz. Die Täter müssen weg oder weggesperrt werden. Gewaltdelikte werden viel zu milde bestraft im Vergleich zu Geldverbrechen. Man denke nur an den Freispruch für die Gruppenvergewaltiger einer 12 jährigen in Regensburg meiner Heimatstadt. Oder der Messerstecher der sogar Polizisten angreift und sofort wieder freigelassen wird vom Richter.

    • @Timelot:

      Ich geben Ihnen grundsätzlich recht.



      Nur sind die Exekutive und die Judikative massiv überlastet.

      So dass der Wunsch nach Schutzeinrichtungen, bei Bedarf auch mit Kindern, sehr wohl verständlich ist.



      Abgesehen schließt sich das nicht aus.



      Das eine benötigt primär Änderungen von bestehenden Gesetzen.



      Das Andere Geld.

      Aber das ist für Opfer in Deutschland idR. nicht da.

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    Ich dachte, vor dem Gesetz seien alle gleich und jeder Mensch hätte den gleichen Anspruch auf Schutz. Unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft etc.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      Ich weiss jetzt nich ob ich Orwells Animal Farm zitieren soll oder Hillary Clinton.



      Lassen wir der Frau den Vortritt:



      "Frauen sind Hauptopfer im Krieg. Frauen verlieren ihre Gatten, ihre Väter, ihre Söhne im Kampf."