Geplante Waffenruhe in Syrien: UN vertagen Abstimmung
Das Votum über eine neue Syrien-Resolution soll nun am Samstagabend stattfinden. Eine Einigung scheitert bisher an der Zustimmung Russlands.
„Wir waren nicht in der Lage, die Lücke vollständig zu schließen“, sagte der schwedische UN-Botschafter Olaf Skoog über die Verhandlungen mit Russland. „Wir werden heute Nacht weiterarbeiten und morgen dann hoffentlich zurückkommen und abstimmen.“ Kuwaits UN-Botschafter Mansur al-Otaibi sagte, es gebe noch keinen Konsens über die Vorlage. „Aber wir sind nah dran“, fügte der derzeitige Vorsitzende des Sicherheitsrats hinzu.
Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, bezeichnete es im Kurzbotschaftendienst Twitter als „unglaublich, dass Russland eine Abstimmung über einen Waffenstillstand für den Zugang humanitärer Hilfe blockiert“. „Wie viele Menschen müssen noch sterben, bevor sich der Sicherheitsrat einig wird, diese Abstimmung anzusetzen?“, fügte Haley hinzu. „Lasst es uns heute Abend machen. Das syrische Volk kann nicht warten.“
US-Präsident Donald Trump nannte das jüngste Vorgehen Russlands, des Iran und der syrischen Regierung im Syrien-Krieg eine „menschliche Schande“. Das US-Außenministerium hatte zuvor Russland „allein verantwortlich“ gemacht für die steigende Zahl der Todesopfer in Ost-Ghuta.
Jeden Tag neue Angriffe
Russland hatte am Donnerstag mit seinem Veto einen ersten Resolutionsentwurf blockiert, der von Schweden und Kuwait eingebracht worden war. Die Vorlage wurde daraufhin abgeschwächt, um Moskau die Zustimmung zu ermöglichen. Sie sieht einen sofortigen Waffenstillstand in Syrien vor. Als Zugeständnis an Russland sollen „Terrorgruppen“ wie der Islamische Staat (IS) oder Al-Kaida und deren Verbündete weiter bekämpft werden dürfen.
Außerdem fordert die Resolution die Konfliktparteien auf, alle Belagerungen sofort zu beenden und den dort lebenden Zivilisten nicht länger lebenswichtige Lebensmittel und Medikamente vorzuenthalten. Dies soll insbesondere den knapp 400.000 Menschen in der belagerten Rebellenhochburg Ost-Ghuta am Stadtrand von Damaskus helfen, die von islamistischen Rebellengruppen kontrolliert wird und seit Tagen unter massivem Beschuss von Regierungstruppen und russischen Kampfflugzeugen steht.
Seit Sonntag wurden nach Angaben von Aktivisten bereits mehr als 460 weitere Zivilisten in Ost-Ghuta getötet, darunter mehr als hundert Kinder. Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden allein am Freitag durch Artilleriebeschuss und Luftangriffe auf Ost-Ghuta mindestens 38 Zivilisten getötet, darunter elf Kinder. Die Angaben der Beobachtungsstelle, die über ein Netzwerk von Informanten in Syrien verfügt, sind kaum überprüfbar.
In Duma, der größten Stadt der Enklave, trauten sich am Freitag nur wenige Bewohner auf die Straße. Wie ein AFP-Korrespondent berichtete, harren die meisten Menschen hungrig und erschöpft in Kellern aus, wo sie Schutz vor den Luftangriffen suchen. Der Bewohner Abu Mustafa sagte, die UNO sei zwar „besorgt“ und fordere eine Waffenruhe, „aber sie haben uns nichts gegeben“. Jeden Tag gebe es in Ost-Ghuta neue Angriffe und Zerstörung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen