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Geplante Waffenruhe in SyrienUN vertagen Abstimmung

Das Votum über eine neue Syrien-Resolution soll nun am Samstagabend stattfinden. Eine Einigung scheitert bisher an der Zustimmung Russlands.

Jeden Tag gibt es neue Angriffe: Szene von Freitag, 23. Februar in Ghouta Foto: ap

New York afp | Nach stundenlangen Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat ist eine geplante Abstimmung über eine neue Syrien-Resolution vertagt worden. Das Votum soll nach Angaben von Diplomaten in New York nun am Samstagmittag, nach mitteleuropäischer Zeit um 18 Uhr, stattfinden. Die Verhandlungen werden fortgesetzt, um einen Text zu formulieren, der auch die Zustimmung Russlands findet. Die geplante Waffenruhe soll vor allem den Menschen in der Rebellenhochburg Ost-Ghuta helfen, die seit Tagen unter massivem Beschuss steht.

„Wir waren nicht in der Lage, die Lücke vollständig zu schließen“, sagte der schwedische UN-Botschafter Olaf Skoog über die Verhandlungen mit Russland. „Wir werden heute Nacht weiterarbeiten und morgen dann hoffentlich zurückkommen und abstimmen.“ Kuwaits UN-Botschafter Mansur al-Otaibi sagte, es gebe noch keinen Konsens über die Vorlage. „Aber wir sind nah dran“, fügte der derzeitige Vorsitzende des Sicherheitsrats hinzu.

Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, bezeichnete es im Kurzbotschaftendienst Twitter als „unglaublich, dass Russland eine Abstimmung über einen Waffenstillstand für den Zugang humanitärer Hilfe blockiert“. „Wie viele Menschen müssen noch sterben, bevor sich der Sicherheitsrat einig wird, diese Abstimmung anzusetzen?“, fügte Haley hinzu. „Lasst es uns heute Abend machen. Das syrische Volk kann nicht warten.“

US-Präsident Donald Trump nannte das jüngste Vorgehen Russlands, des Iran und der syrischen Regierung im Syrien-Krieg eine „menschliche Schande“. Das US-Außenministerium hatte zuvor Russland „allein verantwortlich“ gemacht für die steigende Zahl der Todesopfer in Ost-Ghuta.

Jeden Tag neue Angriffe

Russland hatte am Donnerstag mit seinem Veto einen ersten Resolutionsentwurf blockiert, der von Schweden und Kuwait eingebracht worden war. Die Vorlage wurde daraufhin abgeschwächt, um Moskau die Zustimmung zu ermöglichen. Sie sieht einen sofortigen Waffenstillstand in Syrien vor. Als Zugeständnis an Russland sollen „Terrorgruppen“ wie der Islamische Staat (IS) oder Al-Kaida und deren Verbündete weiter bekämpft werden dürfen.

Außerdem fordert die Resolution die Konfliktparteien auf, alle Belagerungen sofort zu beenden und den dort lebenden Zivilisten nicht länger lebenswichtige Lebensmittel und Medikamente vorzuenthalten. Dies soll insbesondere den knapp 400.000 Menschen in der belagerten Rebellenhochburg Ost-Ghuta am Stadtrand von Damaskus helfen, die von islamistischen Rebellengruppen kontrolliert wird und seit Tagen unter massivem Beschuss von Regierungstruppen und russischen Kampfflugzeugen steht.

Seit Sonntag wurden nach Angaben von Aktivisten bereits mehr als 460 weitere Zivilisten in Ost-Ghuta getötet, darunter mehr als hundert Kinder. Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden allein am Freitag durch Artilleriebeschuss und Luftangriffe auf Ost-Ghuta mindestens 38 Zivilisten getötet, darunter elf Kinder. Die Angaben der Beobachtungsstelle, die über ein Netzwerk von Informanten in Syrien verfügt, sind kaum überprüfbar.

In Duma, der größten Stadt der Enklave, trauten sich am Freitag nur wenige Bewohner auf die Straße. Wie ein AFP-Korrespondent berichtete, harren die meisten Menschen hungrig und erschöpft in Kellern aus, wo sie Schutz vor den Luftangriffen suchen. Der Bewohner Abu Mustafa sagte, die UNO sei zwar „besorgt“ und fordere eine Waffenruhe, „aber sie haben uns nichts gegeben“. Jeden Tag gebe es in Ost-Ghuta neue Angriffe und Zerstörung.

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8 Kommentare

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  • ...und die Friedensbewegung verharrt in Starre!

    • @m. luz:

      Weil es Putin ist der Bombadiert, der Genosse.

      • @Klartexter:

        wird unter Programmierern als "Selbstreferenz" bezeichnet *lol*

  • So schrcklich das Leid ist, so wenig hat es interessiert, als es um Mossul ging.

     

    Wenn sich Terroristen in Wohngebieten verschanzen, wird es grausam. Jedes Militär der Welt geht dann unter billigender Inkaufnahme von "Kollateralschäden" vor.

     

    Und jedes solche Vorgehen der anderen wird instrumentalisiert. Hier pasiert das mit Ost-Ghouta.

     

    So geht eben Machtpolitik.

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @J_CGN:

      1. "Terrosristen" haben sich nicht in Wohngebieten verschanzt, sonder Ost-Ghouta ist eine vereinbarte "Deeskalationszone", was Putin und Assad nicht respektieren.

      2. Verschonen Sie uns mit Ihren zynischen Bemerkungen zu "Kollateralschäden", was nur Ihre menschenverachtende Sichtweise einer humanitären Katastrophe zeigt.

  • Wieder mal ein schönes Beispiel, warum die UN inzwischen das teuerste Kasperletheater der Welt geworden ist.

     

    Und der Supergau kommt noch, es gibt eine Resolution und Assad oder eine der anderen Parteien hält sich nicht an die Resolution. Die Möglichkeiten Resolutionen gegen den Willen eines ständigen Mitglieds durchzusetzen sind gleich 0.

    • @Sven Günther:

      Kaspertheater ? Nunja. Einige Staaten suchen noch ihren Platz in der sich entwickelnden multipolaren Weltordnung.

      Stattdessen Weltpolizei ? Wollen Sie wirklich überall intervenieren, wenn Sie glauben, daß dort Verbrechen begangen werden und dann wie in Libyen oder im Irak nach ein paar Jahren feststellen, daß Ihre Informationen falsch waren, sie aber einen halbwegs funktionierenden Staat zurück in die Steinzeit gebombt haben ?

      Wir vergessen gerne, daß unsere Moralverstellungen nicht weltweit gültig sind und daß wir in Westeuropa selbst zusammen mit den USA nur einen Bruchteil der Weltbevölkerung ausmachen.

      • @jhwh:

        Ich wollte überhaupt nicht nach der Weltpolizei rufen, geschweige denn eine installieren.

         

        Institutionen, die ihre Unfähigkeit hundertfach demonstriert haben, gehören reformiert, sollte das nicht gewollt oder möglich sein, gehören sie abgeschafft.