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Geplante GaspreisbremseFür viele bleibt es zu teuer

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Egal wie die Gaspreisbremse aussehen wird: Sie wird Ungerechtigkeiten mit sich bringen. Es braucht Hilfe.

Der Vergleich mit der Gasrechnung vom vergangenen Jahr wird auf jeden Fall schmerzhaft Foto: dpa

W er noch nicht die letzte Gasabrechnung aus den Unterlagen herausgesucht hat, wird das wohl jetzt tun. Denn nachdem die Expert:innen-Kommission für eine Gaspreisbremse am Wochenende getagt hat, wird sich abzeichnen, wie die Bür­ge­r:in­nen konkret entlastet werden sollen – und je­de:r kann sich ausrechnen, was das für ihn oder sie bedeutet. Die Bür­ger:in­nen sollten nicht zu viel erwarten, hat die Vorsitzende der Kommission, die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, bereits gewarnt. Das lässt nichts Gutes ahnen.

Egal, welches Modell die Kommission der Bundesregierung empfehlen wird, jedes wird Ungerechtigkeiten mit sich bringen: Eine pauschale Einmalzahlung berücksichtigt nicht die relativ gesehen viel höhere Belastung der Haushalte mit niedrigem Einkommen. Bei einem subventionierten Grundverbrauch gilt: Die Be­woh­ne­r:in­nen einer top-sanierten Eigentumswohnung mit Superdämmung haben es mit 3.000 subventionierten Kilowattstunden Gas sehr viel länger warm als die Mie­te­r:in­nen in einer zugigen Wohnung, auf deren Isolierung sie keinen Einfluss haben. Eine Orientierung am Vorjahresverbrauch bestraft alle, die bereits in der Vergangenheit sehr sparsam gewesen sind. Wenn sie das aus Geldgründen waren, haben sie jetzt keinen Spielraum mehr.

Eines steht fest: Die Wirkung der Preisbremse wird begrenzt sein, sehr viel teurer wird es für die Allermeisten auf jeden Fall. Trotz der Subventionierung werden viele überfordert sein. Der Staat wird nachschärfen müssen. Es wird zum Beispiel höchste Zeit, den Energieunternehmen die Sperrung der Strom- und Wärmeversorgung zu verbieten, weil Kun­d:in­nen die Rechnung nicht zahlen können. Doch das allein wird nicht reichen.

Rund 40 Prozent der Bür­ge­r:in­nen haben keine finanziellen Reserven. Sie drohen aufgrund hoher Abschläge und Preise in eine Verschuldungsspirale zu geraten – wenn sie denn überhaupt auf die Schnelle Geld leihen können. Der Staat muss mit weiteren gezielten Hilfen dafür sorgen, dass diese Haushalte gar nicht erst in die Bredouille kommen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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3 Kommentare

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  • Nur damit es nicht vergessen wird: Der "Staat" sind wir, die Bürger:innen dieses Landes. (Bitte nicht mit der Regierung gleichsetzen.) Und zur Sicherheit: Es gibt nur einen staatlichen Bundeshaushalt, nicht zwei, von denen einer (der "böse" Staat) die Steuern eintreibt und der andere (der "gute" Staat) die Geschenke verteilt.



    Und dann gibt es da noch die Reichen und Superreichen, die Macht und Einfluss auf die Regierung haben und sich in einem anderen Staat wähnen, der nichts mit dem Gemeinwesen zu tun hat, in dem sie leben. Ein Gemeinwesen, dass sie nur als lästig und bedrohlich für das Wachstum ihres Wohlstandes und Vermögens empfinden, deren Bewohner:innen für sie nur Konsumenten und gierige Personalnummern sind, aber in Krisen nach Rettungsmilliarden des Staates rufen, auch wenn sie einen Teil ihres Vermögens der Besteuerung durch Flucht in Steueroasen entzogen, durch verschachtelte Konzernstrukturen verborgen und durch politische Einflussnahme bei Steuergesetzen abgesichert haben.



    Die Bürger:innen zahlen mit ihren Steuern auch die Differenz zwischen Gaspreisdeckel und Marktpreis. Von einer "Übergewinnsteuer" ist schon nicht mehr die Rede. Die Umverteilung von Unten nach Oben geht unverändert weiter. Es stellt sich die Frage, wie viel politische Macht hat die Regierung über die Wenigen noch?

  • Selbst wenn der Staat die Gaspreise dämpft, gegen den Anstieg der Strompreise unternimmt er trotz gegenteiliger Ankündigung in den nächsten Monaten anscheinend nichts. Viele Bürger werden bald das mindestens den doppelten Preis zahlen müssen, prekär lebende Menschen sitzen in der Falle. Da hilft es auch nicht, wenn die Beträge gestundet werden und die Versorgung nicht abgeklemmt wird, so vergrößert man nur den Schuldenberg der Kunden.

  • Ich habe die Angelegenheit gemäß dem aktuellen Stand einmal durchgerechnet. Ja, auch diejenigen, die schon 2021 die Wohnung notgedrungen nur auf 19 bis 20 Grad geheizt haben, können mit nur wenig Mehrkosten durch die Krise kommen, wenn die Wohnungab jetzt nicht wärmer als 16 Grad wird, besser aber nur 15 Grad, und wenn die Waschmaschine nur noch für Kaltwäsche benutzt wird und die Wäsche in der kalten Wohnung getrocknet wird. Auch den Kühlschrank auszuschalten hilft zusätzlich.

    Dabei sind aber noch nicht die allgemeinen Preissteigerungen für Lebensmittel berücksichtigt. Der Lebensmittelbedarf dürfte ebenfalls ansteigen, denn die fehlende Wärme in der Wohnung muß zwangsläufig durch ein Mehr an Kalorienaufnahme durch die Nahrung kompensiert werden.

    Doch was soll's, die Hauptsache ist doch, daß z.B. die Schwimmbäder usw. usw. für diejenigen in Betrieb bleiben, die sich die Eintrittspreise noch leisten können, daß es in Behördenräumen 19 Grad warm ist und daß sich die Gutverdiener weiterhin 22 Grad in der Wohnung leisten können.