George W. Bushs Abschiedsbesuch: Der Mann, der Präsident sein wollte
Zum letzten Mal in seiner Amtszeit kommt George W. Bush nach Deutschland. Das interessiert bereits jetzt niemanden mehr.
George W. Bush, ein unscheinbarer Mann aus dem Bundesstaat Texas in den Vereinigten Staaten von Amerika, besucht in dieser Woche verschiedene Länder Europas, darunter Deutschland. Nach eigenen Angaben (www.whitehouse.gov) ist Bush sogar Präsident der USA - und obwohl jeder weiß, dass das gar nicht sein kann, besteht der 62-jährige Politiker darauf, mit "Mister President" angesprochen zu werden. Viele Jahre lang soll das laut Berichten auch funktioniert haben. In den USA allerdings klappt es immer seltener, daher reist Bush in jüngster Zeit gern und häufig ins Ausland. Doch auch dort nimmt die Öffentlichkeit den ehemaligen Trinker, der sich als "wiedergeborenen Christen" bezeichnet, immer weniger ernst. Was einige Jahre lang höflich überspielt wurde, schlägt jetzt in offenen Hohn um. "Präsident? Bush? Sie scherzen," spottet ein Diplomat im Auswärtigen Amt auf Anfrage der taz. Schließlich wisse jedes Kind, dass der US-Präsident Barack Obama heiße und aus Illinois stamme.
"Wenn dieser Bush wirklich Präsident wäre, würden wir gegen ihn protestieren," gibt ein Sprecher der globalisierungskritischen Bewegung Attac gegenüber der taz zu bedenken.
Auch ein Mitarbeiter der US-Botschaft in Berlin - deren neues Gebäude Anfang Juli von George Walker Bush, einem tatsächlichen ehemaligen US-Präsidenten zufälliger Namensgleichheit, feierlich eröffnet wird - geriet ins Schmunzeln. "We live in a free world", sagte der erfahrene Europa-Kenner, und fügte hinzu: "No burning stars and stripes, no America bashing slogans in the streets - so you can bet theres no American president around."
Insidern allerdings ist George W. Bush dennoch kein Unbekannter. Zusammen mit dem Unternehmer Richard Cheney und dem konservativen PR-Profi Karl Rove startete Bush nach einer mittelmäßigen Karriere in der Ölindustrie tatsächlich den Versuch, US-Präsident zu werden, unterlag allerdings bei den Wahlen 2000 im Bundesstaat Florida vor gut acht Jahren seinem Gegenkandidaten Al Gore. Es wäre ja auch gar nicht auszudenken gewesen, wenn Bush, der noch bis vor kurzem die Existenz des Klimawandels bezweifelte und mehrmals durch den absurden Vorschlag auffiel, den Irak anzugreifen, tatsächlich in Washington regieren würde.
Dass es dazu nicht gereicht hat, dafür war auch seine eigene Inkompetenz verantwortlich. Wer möchte schon das Weiße Haus jemandem anvertrauen, der den Drogenanbau in Südamerika durch das Abbrennen von Kakao-Feldern eindämmen will? Und der nach Europa kommt, um der EU Chlorhähnchen zu verkaufen? Das wäre denn doch einfach zu albern. BERND PICKERT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!