Gentech-Versuch von Pharmakonzern: Impf-Experimente auf Gestüt
Auf einem Gestüt sollen Fohlen versuchsweise gegen Lungenentzündung geimpft werden. Der Konzern Intervet sieht keine Gefahr. Die Bevölkerung protestiert.
BERLIN taz | Im mecklenburg-vorpommerischen Grabow hat am Montag ein umstrittener Impfversuch mit gentechnisch veränderten Bakterien begonnen. Wie der Pharmakonzern Intervet bestätigte, wird eine Gruppe von Fohlen auf dem Gestüt Lewitz den Impfstoff gegen eine Lungenentzündung bekommen. Anwohner demonstrierten am Montag vor Ort gegen das Experiment.
Es wäre die erste Impfung gegen die Erkrankung. Bislang bekommen betroffene Tiere Antibiotika verabreicht. Das Pharmaunternehmen Intervet, das hinter dem Versuch steckt, ist die Tiersparte des US-Chemie- und Pharmakonzerns Merck & Co.
Der Impfstoff soll drei Fohlenjahrgängen verabreicht werden, heißt es in der Versuchsbeschreibung. Der in der Natur vorkommende Typ des Bakteriums verursache bei den Fohlen eine Lungenentzündung – ältere Pferden sind dagegen immun.
Um die Fohlen zu impfen, wurden vier Gene des Bakteriums entfernt. Das Experiment soll Labordaten liefern, auf deren Basis später eine EU-weite Genehmigung des Impfstoffs beantragt werden soll.
Anwohner, Vereine und die Gemeinde hatten über 400 Einwendungen gegen den Versuch eingereicht. „Da besteht eine Ansteckungsgefahr für den Menschen“, sagt Anja Sobczak vom Münchner Umweltinstitut. Anwohnerin Gisela Welke kritisiert: „Der Bürgerwille wird einfach ignoriert.“
Bundesamt hat genehmigt
Intervet spricht dagegen von „verwirrenden und zum Teil falschen Information“, die Ursache für die Bedenken seien. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) habe den Versuch schließlich erlaubt.
In der Genehmigung heißt es, es seien keine „schädlichen Einflüsse auf Menschen und Tiere sowie auf die Umwelt“ zu erwarten.
Im Genehmigungsantrag für den Versuch wird jedoch eingeräumt, dass das Bakterium in seiner nicht manipulierten Form auch bei anderen Säugetieren und Menschen eine Lungenentzündung hervorrufen kann.
Impfstamm überlebt vier Wochen
Über den gentechnisch veränderten Typ heißt es: „Der Impfstamm kann noch mindestens vier Wochen lang nach der Impfung mit dem Kot ausgeschieden werden.“
Und: „Wir können […] nicht ausschließen, dass der Impfstamm bei immuneingeschränkten Personen Infektionen verursachen könnte.“ Das sei aber unwahrscheinlicher als bei dem natürlich vorkommenden Typ des Bakteriums und der sei schließlich in der Umgebung „massiv“ vorhanden.
Umwelt- und Tierschützer kritisieren, dass die Impfung nicht dem Wohl der Tiere diene, sondern dem Interesse der Menschen.
Ein Pferd, das in jungen Jahren eine Lungenentzündung hatte, könne nicht mehr als Sportpferd verkauft werden – und sei daher wirtschaftlich für den Halter weniger wertvoll.
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