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Generalvikar tritt abBistum Speyer ohne Sturm

Keine Hoffnung mehr auf Wandel und Erneuerung in der Kirche. Generalvikar Andreas Sturm wechselt zu den Altkatholiken.

Der Speyerer Dom, aufgenommen am 02.10.2011 Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

Berlin taz | Seine Entscheidung gleicht einem innerkirchlichen Aufruhr: Der Generalvikar des Bistums Speyer, Andreas Sturm, legt seine Ämter nieder und wechselt als Priester in die Altkatholische Kirche. Am Freitag nahm der Speyrer Bischof Karl-Heinz Wiesemann „mit großem Bedauern“ Sturms Austrittsgesuch an, wie er auf der Webseite des Bistums mitteilte.

Offiziell sind es „persönliche Gründe“, warum Sturm austritt. In einer persönlichen Erklärung, wird jedoch mehr als deutlich, dass er aufgegeben hat, wenn es um die Erneuerung der katholischen Kirche geht. „Ich habe im Lauf der Jahre Hoffnung und Zuversicht verloren, dass die römisch-katholische Kirche sich wirklich wandeln kann“, heißt es dort. Es werde zwar sehr auf den Synodalen Weg gesetzt, er sei aber nicht in der Lage, diese Hoffnung „ehrlich und aufrichtig mitzutragen“. Das klingt nach Kapitulation für einen liberalen und recht progressiven Vertreter der katholischen Kirche.

Seit 2018 war Sturm Generalvikar, rund 20 Jahre im Dienst von Speyer. In den vergangenen Jahren hatte er sich besonders für die Belange Betroffener von sexualisierter Gewalt in der Kirche eingesetzt. Er sorgte für mehr Laienteilhabe und berief mehr Frauen in Leitungspositionen. Klare Haltung zeigte er 2021 gegen das Verbot der vatikanischen Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. „Ich habe Wohnungen, Autos, Fahrstühle, unzählige Rosenkränze usw. gesegnet und soll zwei Menschen nicht segnen können, die sich lieben? Das kann nicht Gottes Wille sein“, schrieb Sturm damals auf Facebook.

Jetzt wird er also Priester in der Altkatholischen Kirche. Sie steht im Kern für weniger Amt und mehr Kirche und lehnt den Papst als oberste Autorität ab. Es gibt keine Zölibatspflicht, Frauen sind Priester:innen, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist erlaubt. Auch auf die Ökumene wird großen Wert gelegt. Also vieles funktioniert dort, wofür liberale Ver­tre­te­r:in­nen der katholischen Kirche seit langem streiten.

Harter Schlag für Reformen innerhalb der Kirche

Sturms Abgang ist ein harter Schlag für die Reformbemühungen des Synodalen Wegs. Das Gremium ist ein Gesprächsformat, das eine strukturierte Debatte innerhalb der römisch-katholischen Kirche in Deutschland vorantreiben soll. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken sind gemeinsam verantwortlich für den Gesprächsprozess. Der Synodale Weg wurde Ende 2019 eröffnet und war zunächst auf zwei Jahre angelegt.

Neuer Generalvikar im Bistum Speyer soll Markus Magin werden. Er war bisher der Regens des Bischöflichen Priester- und Pastoralseminars St. German in Speyer.

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