Generalsekretär des Stifterverbandes: „Keine Geldgeber verschrecken“

Volker Meyer-Guckel findet hochschulwatch eine gute Sache. Er warnt aber davor, Auftragsforschung zu verunmöglichen.

„Unterscheiden zwischen Stiftungsgeldern, Sponsoring und Auftragsforschung“: Volker Meyer-Guckel. Bild: ap

taz: Herr Meyer-Guckel, Transparency, fzs und taz wollen Licht in die Geldströme bringen, die in die Hochschulen fließen. Wie finden Sie das?

Volker Meyer-Guckel: Im Grundsatz ist das eine gute Idee. Aber es gibt viele Wege, für institutionelle Transparenz zu sorgen. Für die Prüfung von Verträgen zwischen Hochschule und Unternehmen gibt es in den Hochschulen funktionierende Verwaltungen und dafür zuständige gewählte Gremien. Das reicht in der Regel aus. Denn es gibt ja auch legitime Schutzrechte, die dagegen stehen, dass Verträge veröffentlicht werden.

Aha, was könnte so ein Schutzrecht in der Finanzierung einer öffentlichen Hochschule sein?

Zunächst sollte man unterscheiden zwischen Stiftungsgeldern, Sponsoring und Auftragsforschung. Es ist wichtig, das sachlogisch auseinanderzuhalten. Stiftungsprofessuren werden nach transparenten Regeln errichtet. Sponsoring wie etwa das Umbenennen eines Hörsaals zu Werbezwecken ist ohnehin transparent – jeder kann es sehen, wer da was finanziert. Anders ist es bei der Auftragsforschung. Wenn ich mit einer Universität vereinbare, dass sie, sagen wir, für mich einen Einspritzmotor erforscht, dann muss nicht jeder jedes Detail kennen. Im Gegenteil, es könnte gar schädlich sein.

Warum das?

Weil ich mir als Unternehmer mit Auftragsforschung einen Wettbewerbsvorteil sichern möchte. Die Konkurrenz sollte nicht schon während der Entwicklung die Details kennen. Für eine Hochschule ist Auftragsforschung immer dann interessant, wenn sich deren Forschungs- und Entwicklungsfragen mit den eigenen decken.

ist Vizegeneralsekretär des Stifterverbandes. Er studierte Anglistik und Chemie in Kiel, Belfast und New York und war im Planungsstab des Präsidenten Roman Herzog. Er kennt insbesondere die angelsächsische Kultur des Stiftens.

Ganz so unproblematisch, wie Sie tun, ist ja die Stiftungsprofessur nun nicht. Bei dem Fall, der die Debatte um die Geschäftsbeziehungen zwischen Uni und Wirtschaft auslöste, war ein Knebelvertrag, der rund um eine Stiftungsprofessur geschlossen wurde.

Welche Wertung soll ich da jetzt vornehmen? Ich unterstelle, dass die Universitätsgremien in der Lage waren, ihre Verträge zu lesen. Wir im Stifterverband haben die Diskussionen zum Anlass genommen, noch einmal in einem Code of Conduct die selbstverständlichsten Regeln für die Finanzierung von Stiftungsprofessuren festzuschreiben. Dazu gehört die Freiheit von Forschung und Lehre. Eine gute Stiftung sorgt ohnehin für Transparenz über die eigene Förderpolitik. Zudem gibt es neben der Finanzaufsicht noch die Stiftungsaufsicht und weitere Kontrollmechanismen.

Die taz hat eine Reihe von Anfragen an Hochschulen gestellt, um herauszufinden, wer mit wem für wie viel Geld kooperiert. Die Auskünfte waren, vorsichtig gesagt, mau. Wieso weigern sich viele Hochschulen Ihrer Ansicht nach, ihre Geldgeber preiszugeben? Haben die was zu verheimlichen?

Ich weiß nicht, ob das so geheim ist, wie Sie es darstellen. Zum Beispiel haben einige Hochschulen in Schleswig-Holstein letztes Jahr sogenannte Transfer-Berichte veröffentlicht, in denen die Kooperationsprojekte mit der Wirtschaft dargestellt werden. Das ist eine gute Sache.

Sie als Stifterverband vergeben viele private Mittel an die Unis. Reicht das denn aus, um die knappen Kassen der Unis zu füllen?

Nein, natürlich nicht. Wir vom Stifterverband haben einen Etat von 30 Millionen Euro jährlich, und über die Stiftungen, die wir verwalten, kommen weitere 100 Millionen Euro an gemeinnützigen Mitteln in die Unis. Verglichen mit anderen Ländern haben wir in Deutschland einen relativ kleinen Finanzierungsanteil der Hochschulen durch Stiftungen. Unternehmen in Deutschland geben aber vergleichsweise viel. 2010 erhielten die Hochschulen 5,9 Milliarden Euro an Drittmitteln. Davon kamen 422 Millionen von Stiftungen (7 Prozent) und 1,2 Milliarden (21 Prozent) von Unternehmen. Allein mit Stiftungsmitteln könnte man nicht eine einzige große Uni in Deutschland finanzieren.

Nicht besonders viel für ein Land wie die Bundesrepublik.

Das hat was mit unserer Geschichte und Kultur zu tun, die davon ausgeht, dass der Staat für die Finanzierung von Bildung und Forschung verantwortlich ist. Daher engagieren sich relativ wenige Stifter in der Wissenschaft. Wir sollten achtgeben darauf, dass durch pauschale Verurteilungen wie „Privates Geld ist schlechtes Geld“ nicht noch mehr potenzielle Geldgeber verschreckt werden.

In Ländern wie Großbritannien oder USA fließt viel mehr privates Geld in die Hochschulen!

Wenn Sie die gemeinnützigen Mittel betrachten, haben Sie recht, allein Harvard erhält gut 3 Milliarden Dollar aus privaten Quellen. Davon sind wir in Deutschland Lichtjahre entfernt. Bei der durch Unternehmen finanzierten Hochschulforschung haben diese Länder aber keinen Vorsprung.

Die Initiative der taz geht von einem neuen Prinzip aus – der zusätzlichen Kontrolle von außen, auch durch die kollaborative Intelligenz des Netzes.

Ich finde den Drittmittelatlas auf hochschulwatch.de eine gute Sache. Er zeigt zum Beispiel, dass es ohne Drittmittel aus der Wirtschaft kaum Forschung an einigen Hochschulen gäbe. Nehmen Sie etwa die FH Nürnberg, die 60 Prozent ihrer Forschung mit privaten Mitteln finanziert.

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