General wird Innenminister in El Salvador: Das Militär ist wieder da
Auf Druck der USA macht Präsident Mauricio Funes einen General zum Innenminister. Er will das Militär in den Kampf gegen die Kriminalität schicken.
SAN SALVADOR taz | Zwanzig Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs ist wieder ein Militär für die innere Sicherheit El Salvadors verantwortlich. Am Dienstag hat Präsident Mauricio Funes den bisherigen Verteidigungsminister General David Munguía Payés zum Justiz- und Sicherheitsminister ernannt. Die Regierungspartei und ehemalige Guerilla FMLN, als deren Kandidat der ehemalige Journalist Funes gewählt worden war, hatte sich vehement dagegen ausgesprochen. Eine Hand voll hoher Polizeifunktionäre hat mit dem Rücktritt gedroht, sollte ein Soldat ihr neuer Chef werden.
Dass Polizei und innere Sicherheit für Militärs tabu sein sollte, galt als eine der größten Errungenschaften des Friedensvertrags, mit dem 1992 zwölf Jahre Bürgerkrieg beendet wurden. Die Armee wurde damals deutlich reduziert, ihre Aufgabe auf die Landesverteidigung beschränkt. Die militarisierte Nationalpolizei wurde abgeschafft und durch eine zivile Polizei ersetzt.
Deshalb sperrte sich die FMLN gegen Munguía Payés. "Eine Führung der Polizei nach militärischer Logik ist besorgniserregend", sagte der FMLN-Abgeordnete Roberto Lorenzano nach der Ernennung. "Ebendies war eine der Hauptursachen für den Bürgerkrieg."
Funes aber wischt alle Kritik vom Tisch. Die Ernennung von Munguía Payés habe "nichts mit einer Militarisierung der inneren Sicherheit und schon gar nichts mit einem Rückschritt bei der Demokratisierung" des Landes zu tun. Der General "ist ein Mann meines Vertrauens," sagt der Präsident.
65 Morde pro 100.000 Einwohner
Munguía Payés hatte Funes bereits im Wahlkampf unterstützt. Er war einer der führenden Köpfe des Wahlvereins "Freunde von Mauricio", der für den Kandidaten um die politische Mitte und gemäßigte Rechten warb. Die linken Stammwähler hatte sich Funes durch seinen Eintritt in die FMLN gesichert. Als Dank wurde Munguía Payés Verteidigungsminister und zum General befördert.
Er löst den FMLN-Politiker Manuel Melgar ab, der Anfang November auf Druck der USA seinen Rücktritt erklärt hatte. Hintergrund war die Unterzeichnung eines "Partnerschaftsabkommens für Wachstum" zwischen El Salvador und den USA, in dem sich das zentralamerikanische Land zur entschlossenen Bekämpfung der Kriminalität verpflichtet. El Salvador gehört mit 65 Morden pro 100.000 Einwohner im Jahr zu den gewalttätigsten Ländern der Welt.
Melgar konnte an der Unterzeichnung des Vertrags nicht teilnehmen, weil ihm die USA die Einreise verweigern. Seine Guerilla-Fraktion war 1985 für ein Attentat auf eine Diskothek im Ausgehviertel von San Salvador verantwortlich, bei dem zwölf Menschen getötet wurden - darunter vier US-Soldaten. Schon beim Rücktritt Melgars hatte die FMLN kritisiert, Funes richte sich nach den Wünschen Washingtons. "Wir haben unsere nationale Souveränität abgegeben", klagte Lorenzana.
Um die Drogenkartelle in der Region aufzuhalten, drängen die USA in Zentralamerika auf eine Militarisierung der inneren Sicherheit nach dem Vorbild Kolumbiens und Mexikos. Ganz offensichtlich haben sie damit Erfolg. In Guatemala wurde am 6. November mit Otto Pérez Molina ein Militär zum nächsten Präsidenten gewählt. Er hat bereits angekündigt, ebenfalls einen General zum obersten Chef der Polizei zu ernennen und die im Bürgerkrieg wegen vieler Massaker an der Zivilbevölkerung gefürchteten Kaibiles, eine im Dschungelkrieg ausgebildete Eliteeinheit der Armee, in die Schlacht gegen die Drogenkartelle werfen.
In Honduras strebt der rechte Präsident Porfirio Lobo eine Verfassungsänderung an, um der Armee die Verantwortung für die innere Sicherheit geben zu können. Er will Verteidigungs- und Innenministerium zusammenlegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!