Gender und Care: Hausputz mit der Bohrmaschine
Männer machen plötzlich beim Putzen mit, wenn man mit Bohreraufsatz schrubben kann. Ein Selbstversuch mit viel Drehmoment.

E s gibt zwei Typen von Menschen: Solche, die ihren Ofen regelmäßig putzen und andere, die das nie tun. Ich gehöre zu letzterer Gruppe. Seit bald zehn Jahren versuche ich im selben Gasofen Kuchen zu backen, die nicht unten anbrennen und oben roh sind. Es gelingt mir selten. Vielleicht reinige ich den Ofen auch deshalb so ungerne.
Jedenfalls diskutierten wir neulich beim Abendessen, wie häufig man seinen Ofen denn nun putzen sollte. R. gab währenddessen den männerigsten Ratschlag unserer 16-jährigen Freundschaft: „Es gibt so Bürstenaufsätze für die Bohrmaschine, damit musst du putzen!“ Dazu imitierte er laute Bohrmaschinengeräusche: „Das macht voll Spaß!“
Ist das ein cleverer Trick, ätzende Aufgaben mit einem Gadget spielerisch zu erledigen? Oder ist der Bohrmaschinenaufsatz nur ein billiger Versuch, Männer endlich zum Putzen zu bringen? Statt einen Schwamm zu benutzen, mackern sie dann in der Küche mit der Bohrmaschine rum, vroom vroom.
Um der Sache auf den Grund zu gehen, leihe ich mir das fünfteilige Bürstenset aus. Es gibt runde, handtellergroße und kleinere Exemplare für Ecken und Fugen. Auf der Rückseite klebt jeweils ein Bitaufsatz, um die Bürste mit dem Akkubohrer zu verschrauben. Und dann gibt es noch die Variante Klobürstenkopf. Ausgerechnet diese ist R.s Lieblingsbürste.
Mit diesem klobürstigen Bohrer hänge ich nun im Ofen. Alles daran fühlt sich falsch an. Der Fettentferner, den ich vorher aufgebracht hatte, wird durch die rotierende Bürste aufgewirbelt. Ich muss husten. Nachdem ich mir ein Halstuch über Mund und Nase gebunden habe, wage ich einen zweiten Versuch. Wenn ein Kind Waschanlage spielen wollen würde, wäre das das perfekte Setting. Rotierende Bürsten, Schaum, Nebel in einem dunklen Kasten.
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Mehr pistolenförmige Gadgets
Ich spiele aber nicht, sondern putze – und sehe kaum ein Resultat. Der Ofen ist halt schwarz von innen.
Ich will die Bürstenbohrmaschine schon aufgeben, als ich die zwei Pfannen im Waschbecken entdecke. Mein Plan war es, Tofu knusprig zu braten, aber knusprig wurden nur zwei Pfannenböden. Ich hatte eigentlich mit einem längerfristigen Einweichprojekt gerechnet, aber kann der Bohrer das nicht auch? Ich setze an und die Bürste fräst sich durch die braune Kruste. Wie ein Motorboot erzeugt sie einen Strudel im Spüliwasser. Sofort ist die Pfanne sauber. Die zweite auch.
Als nächstes schrubbe ich das Waschbecken. Auf dem Edelstahl haben sich über die Jahre braune Schlieren abgelagert, aber die Bürste poliert sie problemlos weg. Ich drücke den Bürstenkopf in den Ausguss, wenige Umdrehungen später leuchtet selbst der wieder silbern. Auch das Sieb, in dem immer die schleimigsten Essensreste hängen bleiben – es glänzt. Ich bin verzückt.
Als ich nach dem Sport wieder einmal bei R. auf der Couch liege, vergleichen wir unsere verhärteten Waden. Er holt eine Massagepistole aus dem Nebenzimmer. Wieder ein Gerät, das aussieht wie ein Akkubohrer und unterschiedliche Aufsätze hat. Einen Ball, ein rundes Plättchen, einen quadratischen Stöpsel, der besonders gut für die Fußsohle sein soll. Wir gucken Radrennen während die Pistole meine Muskeln weich hämmert.
Ich sollte schnell aufstehen und gehen, sonst brauche ich bald noch mehr pistolenförmige Gadgets in meinem Leben. Aber die Fußmassagefunktion, die will ich noch ausprobieren.
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