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Gender GapViele erwerbstätige Frauen ohne Existenzsicherung

Mehr als jede zweite berufstätige Frau in Deutschland kann langfristig nicht allein von ihrem Einkommen leben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund nennt Gründe.

Frauen unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit deutlich länger als Männer Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa

Berlin dpa | Mehr als jede zweite erwerbstätige Frau in Deutschland kann langfristig nicht allein von ihrem Einkommen leben. Betroffen sind laut einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) 53 Prozent der arbeitenden Frauen. Sie haben keine langfristige Existenzsicherung.

Das heißt, ihr Verdienst reicht nicht aus, um über den Lebensverlauf eigenständig abgesichert zu sein. In Phasen ohne Erwerbstätigkeit – etwa bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder im Ruhestand – fehlt ihnen die finanzielle Sicherheit. Zudem können 70 Prozent der berufstätigen Frauen mit ihrem Einkommen nicht dauerhaft für sich und ein Kind sorgen. Die Werte beruhen auf DGB-Berechnungen anhand der offiziellen Entgeltstatistik.

Zu den Gründen zählt laut DGB, dass Frauen in Deutschland ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger unterbrechen als Männer. Sie arbeiten deutlich öfter in Teilzeit, und ihre Stundenlöhne liegen im Schnitt rund 20 Prozent niedriger. „Deshalb haben beschäftigte Frauen deutlich seltener als Männer ein existenzsicherndes Erwerbseinkommen“, so der Gewerkschaftsbund.

Bei Paaren mit minderjährigen Kindern bleibt der Mann meist der Hauptverdiener und übernimmt weniger Aufgaben im Haushalt oder bei der Kinderbetreuung. Laut Väterreport der Bundesregierung arbeitete zuletzt in 44 Prozent der Fälle der Mann in Vollzeit, während die Frau Teilzeit beschäftigt war. In weiteren 26 Prozent war nur der Mann erwerbstätig. Nur bei 14 Prozent der Paare mit Kindern unter 18 Jahren arbeiten beide Vollzeit. In lediglich 3 Prozent der Familien war allein die Frau berufstätig.

DGB-Vizechefin Elke Hannack nannte die Zahlen „erschreckend“. Arbeit in der Familie, Pflege von Angehörigen, Haushaltsarbeit gehöre gerechter verteilt. Dringend müsse es auch mehr Investitionen in öffentliche Kita-Angebote geben. „Gleichzeitig müssen Väter in ihrer Verantwortung für die Sorgearbeit gestärkt werden: durch den Ausbau der Partnermonate beim Elterngeld und eine zehntägige, bezahlte Freistellung des zweiten Elternteils rund um die Geburt eines Kindes.“

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5 Kommentare

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  • Falls es niemandem aufgefallen ist, in der Aufzählung der Familienarbeitsmodelle fehlen drei Fälle, die sich die letzten 13 % der Familien aufteilen:



    Mann arbeitet Teilzeit, Frau Vollzeit



    Beide arbeiten Teilzeit



    Niemand arbeitet.

  • Ich wäre vorsichtig bei der Forderung, man müsse die Arbeit in der Familie besser verteilen. Diese Forderung suggeriert, dass das ganz einfach sei, wenn "man" (oder "frau") nur wolle. Leider ist es nicht so. Meist wird derjenige weiter einer Erwerbstätigkeit nachgehen, bei dem es lohnender ist.



    Wir müssen also dafür sorgen, dass junge Frauen Berufswünsche realisieren, die im Schnitt genauso bezahlt werden wie die der Männer. Die Männer werden irgendwann verstehen, dass es auch ihre Schultern entlastet, wenn die Frauen gute Einkommen haben.

  • Wen wundert das denn, wenn ueber 80%(!) der Alleinerziehenden in Deutschland Frauen sind. Was diese Frauen brauchen ist Geld. Und zwar genug. Und zwar vom Staat. Diese Frauen leisten eine absolut wichtige Arbeit fuer den Staat und zerreissen sich dabei in dem Konflikt, Geld zu verdienen und gleichzeitig fuer die Kinder da zu sein und dies alles ohne (oder mit wenig) Unterstuetzung.

    • @NovaBel:

      Warum soll der Staat bezahlen? Es gibt doch für jedes Kind einen Vater, der sich nicht aus der Verantwortung stehlen sollte und Unterhalt zahlen muss. In Ausnahmefällen kann der Staat mit Unterhaltsvorschuss einspringen, aber das soll doch nicht die Regel sein.

      • @Nisse:

        Ja, dann machen Sie mal!