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Gemischte Geschäftsbilanz der BahnMehr Fahrgäste, weniger Sparpreise

Die Bahn erwartet 2019 einen neuen Fahrgastrekord im Fernverkehr. Das bedeutet nicht nur volle Züge, sondern auch weniger preiswerte Tickets.

Gut fürs Klima, schlecht für die Brieftasche: die deutsche Bahn Foto: dpa

Bahnreisen werden auch ohne Preiserhöhung für viele Kunden teurer. „Je mehr Auslastung wir haben, desto weniger Sparpreise haben wir“, räumte der für den Personenverkehr zuständige Vorstand Berthold Huber bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz der Deutschen Bahn ein. Und über eine mangelnde Nachfrage kann das Unternehmen nicht klagen: Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der Fahrgäste um 1,3 Prozent auf rund 72 Millionen an. „Damit sind wir auf gutem Wege zum neuen Rekord von über 150 Millionen Fernverkehrsreisenden in diesem Jahr“, sagte Bahnchef Richard Lutz.

Nicht nur aufgrund der Klimadebatte bekommt das Unternehmen viele Züge auch ohne besondere Werbeaktionen voll. Es entspricht der wirtschaftlichen Logik, dass Sparpreise für diese Verbindungen rar geworden sind. Wozu Rabatte geben, wenn die Kapazitäten auch ohne sie gut ausgelastet sind?

Der Effekt dieser Strategie zeigt sich am Umsatz im Fernverkehr, der mit 6 Prozent deutlich stärker anstieg als die Fahrgastzahlen. Die Kunden mussten also im Durchschnitt mehr für ein Ticket ausgeben als im vergangenen Jahr. Viele von ihnen haben bei der Onlinebuchung schon feststellen können, dass auf beliebten Strecken oder an verkehrsstarken Tagen kaum noch Sonderangebote verfügbar sind. Wer preiswerter reisen will, muss auf schlechter ausgelastete Züge ausweichen.

Immerhin liegt die Bahn im ersten Halbjahr trotz anhaltender Bautätigkeit bei der Pünktlichkeit über den selbst gesteckten Zielen. 77,2 Prozent der Fahrten verliefen gemäß dem Fahrplan, 76,5 Prozent lautet die Vorgabe für das Gesamtjahr. Hier wirkt sich die bessere Koordination zwischen Baustellen und Fahrplan allmählich positiv aus.

Wir nehmen massiv Geld in die Hand für eine bessere Bahn

Alexander Doll, DB-Finanzchef

Die geschäftliche Bilanz der Bahn ist hingegen gemischt. Mit rund 22 Milliarden Euro konnte der Konzern 2,2 Prozent mehr erwirtschaften als im Vergleichshalbjahr 2018. In diesem Jahr rechnet Lutz mit Einnahmen von mehr als 45 Milliarden Euro. Das wäre ein neuer Rekordwert. Dagegen ist das operative Ergebnis um 22 Prozent auf nur noch 757 Millionen Euro eingebrochen. „Wir nehmen massiv Geld in die Hand für eine bessere Bahn“, begründet Finanzchef Alexander Doll diese Entwicklung. Aber auch das Sorgenkind Güterverkehr wirft immer noch Schatten auf die Bilanz. 132 Millionen Euro Miese fuhr die Sparte bis Ende Juni ein. Auch die Verschuldung des Konzerns bewegt sich weiter auf hohem Niveau. Mit 21,1 ­Milliarden Euro steht die Bahn in der Kreide. Rechnet man die Leasingverpflichtungen hinzu, sind es gar 25,4 Milliarden Euro.

Guter Dinge ist der Vorstand mit Blick auf die Finanzierung der Infrastruktur durch den Bund. Offiziell laufen die Verhandlungen dazu noch. Kenner der Materie berichten aber schon von einer grundsätzlichen Übereinkunft. Danach stellt der Bund bis 2030 wohl wenigstens 60 Milliarden Euro für Schienen, Stellwerke oder die Brückensanierung bereit.

Genervt zeigt sich der Bahnvorstand durch einen neuen Bericht der Monopolkommission. Die Ökonomen fordern eine Trennung von Netz und Betrieb. Außerdem soll die Netzgesellschaft Strafzahlungen leisten, wenn sie für Verspätungen verantwortlich ist. Davon erhofft sich die Kommission einen Anreiz für pünktlichere Züge. „Ein Pönalensystem wurde Anfang Juli eingeführt“, stellt Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla fest.

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6 Kommentare

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  • 0G
    07400 (Profil gelöscht)

    Geld hat/te die Bahn zu Genüge.

    Nur dank Betrüge und Tücke und Lüge?



    Wie bei den Autokonzernen mit den Abgaswerten.



    Alle machen mit. Keiner war es. Und der Rest muss bezahlen. Kennen sie doch oder? Erfolgreiches Jahr? Geld - Gewinne - Prämien und so?



    Und dann diese Zustände?



    Passt doch nicht.

    Ludwig - Dürr - Mehdorn - Grube - Lutz - KI 4.1

    Die Infrastruktur ist am Ende. Die Weichen zB in Frankfurt sind mit 40 km/h und 900 m Bogenradius. Da fahren Züge geruckt mit Bogenradius 1200 m die dann 280 km/h fahren könnten. Ist wie ein Kreisverkehr. Alle Weichen und das war Wichtig sind Estw Mobilität 4.0. Schön gelle.



    Nur der ICE sich mit Bogenradius über 40km/h dreht und trotz allem zu spät.



    Hier nun die eine Lösung? Die Weiche muss mit 60-80-100-120-130-200-250 befahrbar sein. Den wenn ein Zug erst runterbremst ( verzögerung) kennt jeder von der Autobahn. Kann man den Stau vom Ende her bestaunen. Deswegen Könner. Können was. Können nicht. Planwirtschaftsladen mit Kapitalausbeutungsfaden. Mangelverwaltung und Oberflächenaussengestaltung. Seit 1994 sollten die meisten BÜ Gänge kreuzungsfrei sein. Bahn und Länder/Kommunen bekamen Mrd p.a. dafür.



    Wo ausgegeben? Nicht in die Infrastruktur als Grundlage des Verkehres. Ist wie Frau Merkel mit DSL 100mbit für alle. Geld eingenommen. Nur die Infra nicht ausgebaut. Jahrzehnte Gebühren und die Rücklagen im Sommer am New Techmarkt verbrannt. (t-online aktie) - Deswegen es sind Könner. Könner was? Könner nichts? Könner viel verzählen mehr nicht.

  • Diese negative Entwicklung musste ich leider auch schon feststellen. Ich bin auf die Sparpreise angewiesen und suche stets auf Seiten wie www.tagesdeal.de/deutsche-bahn/ nach Angeboten und Rabatten. Leider sind diese mittlerweile sehr rar geworden. Bleiben nur noch die regelmäßigen Ferrero und Nutella Aktionen, bei denen in Aktionspackungen ein 10 Euro Gutschein enthalten ist. Es wäre schön, wenn die Preise - auch ohne Sparpreis - bei einer guten Auslastung für alle sinken würden. Das ist bei der finanziellen Situation der Bahn leider nicht zu erwarten.

  • Ich freu mich ehrlich über jede positive Meldung zum Thema Bahn. Allein, mir fehlt der Glaube.



    Zum einen halte ich die Pünktlichkeitsbilanz für frisiert, denn ich scheine immer in den 22,8% mit den massiven Verspätungen zu sitzen.

    Ob mit 60 Mia das Schienennetz saniert, ausgebaut und gewartet werden kann, darf bezweifelt werden. Und dann müssten ja auch noch Zugführer auf den Bäumen wachsen.

    • @nelly_m:

      Ich fahre viermal die Woche ICE zwischen Nürnberg und München morgens hin, abends zurück. Auf der Verbindung dürften die Zahlen deutlich besser sein. Allerdings ist München ja auch Startbahnhof das hilft sehr. Falls wer auswerten möchte, ich protokolliere auf Twitter @Senkyoufortrev1 hatte selbst noch keine Lust drei Monate auszuwerten.

      • @LeSti:

        Wer nicht umsteiegn muss, ist gut dran, das sehe ich auch so. Ich steige aber immer mindestens 1 mal um und das ist idR selbst mit verlängerten Umsteigezeiten bei der Buchung ein Vabanque Spiel. Abends auch mal Russisch Roulette ;-)

  • Die Bahn muss Vorrang vor allen anderen Verkehrsträgern bekommen, mit Abermilliarden, finanziert durch massive CO2-Abgaben des Individualverkehrs und eine gesalzene Kerosin-Steuer!



    Die fetten Jahre sind um oder wir verschwinden vom Planeten.