piwik no script img

Geleakte NSU-AktenDoch kein Geheimnisverrat

„Frag den Staat“ hatte NSU-Dokumente des Verfassungsschutzes veröffentlicht. Die Justiz ermittelte, wer die Akten geleakt hatte – erfolglos.

Chemnitz: Kopfhörer liegen an einer Hörstation im zukünftigen Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex in Sachsen Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Wiesbaden (dpa |) – Die Justiz in Hessen geht nicht mehr der Frage nach, wer dafür gesorgt hat, dass die Plattform „Frag den Staat“ und das „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann geheime NSU-Akten veröffentlichen konnten. Die Ermittlungen wegen Geheimnisverrats wurden ergebnislos eingestellt, wie eine aktuelle Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz durch „Frag den Staat“ ergab.

Bei den geleakten Dokumenten handelte es sich um Akten des hessischen Verfassungsschutzes. Die Behörde hatte eigene Dokumente zum Rechtsextremismus auf mögliche Bezüge zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) untersucht.

Geheim für 120 Jahre

Der Bericht aus dem Jahr 2014 war zunächst für 120 Jahre als geheim eingestuft worden, später wurde die Zeit auf 30 Jahre verringert. Angehörige der Opfer des NSU, zahlreiche Politikerinnen und Politiker sowie mehr als 130.000 Unterzeichner einer Petition hatten jedoch über Jahre gefordert, den Bericht öffentlich zugänglich zu machen. Die vom Staat versprochene vollständige Aufklärung zum NSU könne es nur geben, wenn der Verfassungsschutz seine Untersuchung veröffentlicht, hieß es.

Der NSU hatte über Jahre hinweg unerkannt mordend durch Deutschland ziehen können. Die Opfer der Rechtsterroristen waren acht türkischstämmige und ein griechischstämmiger Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Die Gruppe wurde 2011 durch eine Selbstenttarnung bekannt.

Woher „Frag den Staat“ und das „ZDF Magazin Royale“ die Papiere bekommen haben, ist bislang nicht bekannt. Unmittelbar nach der Veröffentlichung der NSU-Akten stellte der hessische Verfassungsschutz Strafanzeige beim Landeskriminalamt in Wiesbaden. Als Grund gab die Behörde die „unrechtmäßige Weitergabe von Verschlusssachen“ an. Damit bestätigte sie auch indirekt die Echtheit der veröffentlichten Akten. Die Staatsanwaltschaft teilte nun auf Anfrage von „Frag den Staat“ mit, das Ermittlungsverfahren sei im Juni 2023 eingestellt worden, nachdem keine tatverdächtige Person ermittelt werden konnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Befreite Dokumente versus Staatsräson. Diesmal ein Sieg für die Informationsfreiheit!

  • Nach dem, was im im Artikel steht, ist die Überschrift falsch.

    Es gibt sehr wohl einen Geheimnisverrat, nur erscheinen die weiteren Ermittlungen zum Täter aussichtslos.

    Das ist schon was deutlich anderes.