Geldwäsche bei Liberty Reserve: Netzkriminelle suchen Alternativen
Nachdem Liberty Reserve vom Netz genommen wurde, suchen Cyberkriminelle nach anderen Bezahldiensten. Aber auch legitime Konteninhaber sind betroffen.
BERLIN taz | „Das war alles ein großer Schock“, sagt ein Cybercrime-Experte, den die BBC nur „The Grugq“ nennt. „ Ich habe noch nie jemanden erlebt, der vorsichtig mit Liberty Reserve umging. Niemand hat gedacht, dass sie nicht ewig da sein würden.“ Das Geldwäsche-Verfahren gegen den Online-Bezahldienst Liberty Reserve bedeutet für viele Netzkriminelle, dass sie neue Überweisungswege finden müssen.
Weitgehend unstrittig ist, dass Liberty Reserve vor allem von Kriminellen benutzt wurde, die hier gestohlenes oder erpresstes Geld in Umlauf bringen wollten. Mit mehreren Mechanismen sorgte die Firma für Anonymität. Erstens konnten Benutzer kein Geld direkt einzahlen, sondern nur über Umtauschfirmen – Liberty Reserve musste so nicht direkt prüfen, woher das Geld kam.
Die US-Staatsanwaltschaft leitete deshalb auch ein Verfahren gegen 35 Umtauschfirmen ein. Zweitens, erlaubte es Liberty Reserve ihren Kunden, Konten unter falschen Namen einzurichten und drittens, bot sie „anonyme Überweisungen“ für 75 US-Cent an.
Seit Liberty Reserve offline ist, spekulieren Sicherheitsexperten darüber, welcher Bezahldienst als Nächstes für Geldwäsche genutzt wird. Immer wieder wird dabei auf die russische Firma Webmoney verwiesen, die zwar weniger anonym ist, dafür aber weitverbreitet. Brian Krebs geht davon aus, dass die meisten „Schurken und Tunichtgute“ da bereits Konten haben. Die Sicherheitsfirma Sophos zitiert eine Forum-Umfrage, bei der Webmoney als eindeutiger Gewinner hervorgeht: Fast die Hälfte der Abstimmenden wollen in Zukunft Webmoney nutzen.
Webmoney war schon einmal die neue Alternative: Als das Vorgänger-Projekt des Gründers von Liberty Reserve, Artur Budovski, „e-gold“ 2006 wegen Geldwäsche angeklagt und vom Netz genommen wurde. Damals wechselten viele Nutzer aus dem russischen Untergrund zu der Firma. Doch Webmoney achtete stärker auf die Identität ihrer Kunden, so dass viele wieder zu Liberty Reserve wechselten, als es bereits im Jahr 2006 erschien. Dennoch: auch Webmoney lässt einen gewissen Grad an Anonymität zu, etwa mit der Verwendung von Prepaid-Karten um Konten aufzufüllen.
Kein Ärger mit den USA
Auch der Bezahldienst „Perfect Money“ wird als mögliche Alternative gehandelt, da zwar Namen und Adressen eingegeben werden müssen, aber offensichtlich falsche Angaben wohl selten überprüft werden. Laut Reuters haben sowohl Webmoney als auch Perfect Money allerdings den Zugang aus den USA eingeschränkt – vermutlich um keinen Ärger wegen US-Geldwäscheverfahren zu bekommen.
Doch während die illegalen Nutzer bei Liberty Reserve wohl überwogen, gab es auch zahlreiche legitime Nutzer, beispielsweise unter Unternehmern, die aus Entwicklungsländern Programmier- und Webdesign-Dienste anbieten. Ein Mann, der bis vor Kurzem ebenfalls Liberty Reserve für Auslandsüberweisungen nutzte, sagte das der Dienst weitverbreitet war.
Vorteil war vor allem, dass keine hohen Bankgebühren anfielen. „Viele haben alles verloren“, sagte er der taz. „Sie sind jetzt wie Bettler.“ Dass tatsächlich der gesamte 6-Milliarden-Dollar-Umsatz von Liberty Reserve also nur der Geldwäsche diente, ist zweifelhaft. (LRS)
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