piwik no script img

Geldstrafe für Rechtsrocker„Döner Killer“-Sänger muss zahlen

Das Landgericht Osnabrück verurteilt Daniel Giese wegen Holocaust-Leugnung. Nicht aber wegen eines Songs, der laut erster Instanz die Morde des NSU billige.

Braune Stadtmusikanten? Hier nicht! Bild: dpa

HAMBURG taz | Schlappe für einen Star der Neonazi-Szene: Wegen Volksverhetzung verurteilte das Landgericht Osnabrück den Rechtsrocker Daniel Giese am Donnerstagabend zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro. Der Vorsitzende Richter, Norbert Wischmeyer erklärte, dass der Musiker eindeutig den Holocaust leugne. Giese könne sich dabei nicht „auf das Recht der Meinungsfreiheit berufen“.

Giese hatte das Berufungsverfahren selbst angestrebt. Das Amtsgericht seines Heimatortes Meppen hatte den 43-Jährigen im Oktober 2012 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die für 13 Monate zur Bewährung ausgesetzt wurde, und zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Zurück ging das Verfahren ursprünglich auf eine Anzeige der Berliner „Vereinigung für die Verfolgten des Naziregimes“. Aufsehen erregte der Fall allerdings besonders durch den Song „Döner Killer“ auf der CD „Adolf Hitler lebt!“

Das Lied hat immer wieder Spekulationen über mögliches Insiderwissen von Giese zu der NSU-Mordserie befeuert. „Neunmal hat er es jetzt schon getan“, heißt es in dem Song. „Bei allen Kebabs herrscht Angst und Schrecken. Der Döner bleibt im Halse stecken, denn er kommt gern spontan zu Besuch, am Dönerstand, denn neun sind nicht genug.“

2010 hatten „Gigi und die Stadtmusikanten“, so heißt Gieses Band, die CD herausgebracht – gut eineinhalb Jahre, bevor die Neonazi-Terrorzelle NSU aufflog. Im Oktober 2012 sah das Amtsgericht Meppen es als erwiesen an, dass der „Döner Killer“-Song die NSU-Morde billigte. Unter der Berücksichtigung zweier weiterer Lieder verurteilte das Gericht Giese.

Richter sieht keine Volksverhetzung

Diese Sicht teilt das Berufungsgericht in Düsseldorf allerdings nicht. Richter Wischmeyer sagte, die Zeilen „Am Dönerstand herrschen Angst und Schrecken, kommt er vorbei, müssen sie verrecken“ oder „Neun sind nicht genug“ könnten auch anders gedeutet werden. Bei dem Lied „Bis nach Istanbul“ sah er keinen Straftatbestand der Volksverhetzung vorliegen – auch hier hatten die Amtsrichter anders geurteilt. Die Botschaft des Songs entspreche der rechtsextreme Parole „Ausländer raus“, so Wischmeyer. Dieses Sicht sei aber nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Anstoß nahm Wischmeyer aber an einem anderen Song. Das Lied „Geschwür am After“ leugne den Massenmord an den Juden im Dritten Reich, so der Richter. In dem Song intoniert Giese alias Giggi: „Heute weiß ein jeder stümperhafte Schreiberling: Wessen Brot ich ess', dessen Lüge ich sing. All die geschmierten 'Historikerkommissionen' mit den Lieblingsthemen: Massenmord und Perversionen.“

Und weiter heißt es: „In einer Endlosschleife zeigt man nach wie vor Bilder von den Schienen und vom Eingangstor. Die Nasen immer tief im Dreck, so wie ein Trüffelschwein - alles andere wär' zu wahr, um schön zu sein. Unsere Geschichtsbücher werden zu Verbrecheralben.“

Die Lieder hatte Giese vor der Veröffentlichung der Rechtsanwältin Gisa Pahl vorgelegt. Die Anwältin hat bereits mehr als 300 Gutachten für Rechtsrocker geschrieben, um sie vor Strafverfolgung zu schützen. Nach ihren Anregungen, so Pahl vor dem Landgericht, habe Giese seine Texte verändert.

Zumindest für den Song „Geschwür am After“ hat das nicht gereicht. Nun muss Giese mehr als nach der ersten Verurteilung zahlen. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • O
    onesimus

    Wo nun war eigentlich die Berufung, Osnabrück oder Düsseldorf???

  • DB
    Der Baumann

    Der vollständige Name der Band lautet übrigens:

    "Gigi und die BRAUNEN Stadtmusikanten“.

  • K
    Kuh?

    @ muh

     

    Meinungsfreiheit hat immer und überall ihre Grenzen – auch in den diesbezüglich ach so vielgepriesenen USA. Und das ist auch richtig so.

     

    Das Deutschland mit seinen strafrechtlichen Möglichkeiten zur Verfolgung von Volksverhetzung und Holocaustleugnung keineswegs so allein dasteht, wie man manchmal zu hören bekommt, können Sie hier nachlesen:

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetze_gegen_Holocaustleugnung

  • B
    Bert

    "Christian Hehl war stark in der HNG aktiv, die KriPos kennen Augen- wie Hörzeugen,

    von den von Christian Hehl weit vor der Versendung durch Beate Zschäpe, mit dem Beginn ihrer Flucht in der „Flucht“ am 4.11.2011 „berüchtigt“ gemachten rosa-roten Panther, immer wieder verwendeten Singsang."

    Quelle: Kritische Polizisten

  • S
    Steiner

    Diesen verfehlten Typ würde ich als Staatsanwalt glatt wg. Mitwisserschaft an den 10 NSU-Morden anklagen. Oder ist dieser Giese sogar ein Komplize der Nazi-Terroristen? Ebenso seine Hinter-Frau, diese Rechtsauslegerin Pahl, die mit ihren Scheingutachten die Mördersongs deckt.

  • J
    joni

    Der Dönerkiller-Text legt meines Erachtens die Vermutung nahe, dass der Typ schon 2010 zumindest gerüchteweise vom NSU wusste.

  • T
    Tantris

    Über die deutsche Rechtsprechung könnte ich mich auch totärgern,

    in diesem falle u. im Mordfall Jonni Ku.ähnlichen Fällen

  • S
    schokominza

    @von wie süß:

     

    Ich bin trotzdem ziemlich froh, dass die taz darüber schreibt, denn so können viele Menschen in der Republik, die sich vielleicht nicht den ganzen Tag in irgendwelchen Antifa-Spezial-Netzwerken rumtreiben, darüber lesen, wie unfassbar weichgespült die deutsche Justiz mit Nazis umgeht. Nicht die taz ist hier der Buhmann, sondern diese grenzwertigen Richtergestalten und deren Auslegung der Gesetze. Letztere sind natürlich ebenfalls sehr fragwürdig, wenn sie solche Urteile zulassen.....

  • V
    viccy

    Bitte Herr Speit, geben Sie bei künftigen Verurteilungen auch die Anzahl der Tagessätze Geldstrafe an, zu denen das Gericht verurteilt hat. Das ist viel informativer, als die Höhe der Geldsumme alleine. Wenn jemand hartz 4 bekommt, dann sind 1000 Euro nämlich etwa 100 Tagessätze, was nebenbei bemerkt eine Eintragung ins polizeiliche Führungszeugnis zur Folge hat. Wer hingegen 1500 netto im Monat verdient, bei dem wäre eine "Geldstrafe von 1000 Euro" gerade mal 20 Tagessätze. Wäre daher sehr erfreulich, wenn Sie diese Anzahl künftig auch nur kurz einflechten könnten.

  • M
    muh

    Ich Frage mich echt was ich wiederlicher finden soll: Die Lieder oder die Strafe dafür. Was Meinungsfreiheit angeht ist die BRD ein Entwicklungsland, eigentlich nichtmal dass denn dieser Terminus suggeriert das Entwicklung stattfindet. Einfach mal in die vielgescholtenen USA schauen, da sieht man wieviel "Meinung" eine Gesellschaft aushalten kann und, im Falle einer "freiheitlichen" auch solte. Diesem Schmutz sollte man nicht mit Strafen, sondern mit Aufklärung entgegentreten.

  • WS
    wie süß

    1000 €, wie süß. Die hat er Dank der Promo, die jetzt alle incl. Taz für ihn machen in 0,nix wieder raus.