Geldstrafe für Fridays-for-Future-Streik: Petition gegen Disziplinarverfahren
Eine Petition will schulpflichtigen Fridays-for-Future-Streikenden die Sorge um Fehlzeiten und Bußgelder nehmen. Auch Eltern wollen helfen.
„Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist, es wäre nur deine Schuld, wenn sie so bleibt“ – appelliert die Berliner Band Die Ärzte in „Deine Schuld“, einem der vielen Schlechte-Gewissen-Lieder, die junge Menschen zur politischen Verantwortung animieren wollen.
Wenn die Jugend nun dem moralischen Ruf folgt und auf die Straße geht und dabei etwas Verbotenes wie Schuleschwänzen tut, um für strengere Klimapolitik – oder pathetisiert: eine bessere Welt – zu demonstrieren, wird ihnen nicht nur die Kompetenz abgesprochen. Ihnen wird mit einer verbauten Zukunft durch unentschuldigte Fehlzeiten oder gar mit Anzeigen und Geldstrafe wegen Schuleschwänzens gedroht. So jedenfalls soll es einer Berliner Schülerin gehen: Die Erwachsenen stellen sie vor den Konflikt, die globale gegen ihre individuelle Zukunft abzuwiegen.
Um SchülerInnen zu helfen, das politische mit dem privaten Gewissen in Einklang zu bringen, haben zwölf StudentInnen der Alice-Salomon-Hochschule einen offenen Brief samt Petition an die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gerichtet. Die SchülerInnen sollen besser über ihren „Ermessensspielraum“ informiert und bei einer Teilnahme an den Freitagsdemonstrationen vor „Disziplinarverfahren“ geschützt sein.
Anlass war der Fall einer Schülerin aus Süd-Berlin, der von der Schulleitung eine Geldstrafe angedroht wurde, sollte sie weiterhin an den Fridays-for-Future-Protesten teilnehmen und am Freitag unentschuldigt fehlen. Tatsächlich haben bei dauerhaftem Schwänzen die Bezirke das Recht, Geldstrafen von bis zu 2.500 Euro gegen die Familie verhängen. An die Öffentlichkeit möchte die Schülerin nicht gehen, aus Angst vor „noch mehr Druck seitens der Schule“, erklärte ein an der Petition beteiligter Student.
Wie stark die Schülerin gefährdet ist, lässt sich anhand dieser vagen Angaben kaum prüfen. Jedoch ist bei anhaltenden Protesten der Fridays for Future mit mehr Strenge von auf der Schulpflicht pochenden LehrerInnen und SchulleiterInnen zu rechnen.
Zum Glück gibt es aber noch die „Parents for Future“, die Kinder und Jugendliche in ihrem politischen Anliegen stärken wollen. Auch die Eltern formieren sich jetzt in Facebook- und WhatsApp-Gruppen und tauschen sich unter anderem über Tipps zur Schulbefreiung aus. Eine simple Krankschreibung steht aber für die „Parents for Future“-Mutter Simone Teves nicht zur Debatte. Schließlich handle es sich um ein „politisches Statement“, ein „Rumpfuschen“ durch Krankmeldung unterlaufe den Sinn eines Streiks.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut