Geldpolitik in den USA: Notenbank Fed senkt Leitzins
Trotz schlechter Datengrundlage wegen Haushaltssperre und höherer Inflation liegt der Satz nun nur noch bei 3,75 bis 4 Prozent. Der weitere Zinskurs ist unklar.
rtr | Die US-Notenbank hat sich zu niedrigeren Zinsen durchgerungen und zugleich Zweifel an einer weiteren Lockerung genährt. Sie senkte den Leitzins am Mittwoch um einen Viertelpunkt auf die neue Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent. Es war bereits der zweite Schritt nach unten in Folge.
Doch war der Beschluss nicht einstimmig: Fed-Direktor Stephen Miran, ein Vertrauter von US-Präsident Donald Trump, forderte wie bereits im September eine stärkere Senkung. Der Währungshüter Jeffrey Schmid hingegen war angesichts der erhöhten Inflation gegen eine Lockerung. Fed-Chef Powell dämpfte Markterwartungen an eine weitere Senkung im Dezember.
In den internen Diskussionen habe es „deutlich unterschiedliche Ansichten“ darüber gegeben, wie weiter vorzugehen sei: „Eine weitere Senkung des Leitzinses im Dezember ist keineswegs ausgemachte Sache. Ganz im Gegenteil, die Geldpolitik folgt keinem vorgezeichneten Kurs“, fügte er hinzu. Nach den jüngsten Zinssenkungen sei eine wachsende Zahl von Währungshütern nun eher geneigt, abzuwarten, erläuterte der Fed-Chef. Nach dieser Aussage fielen die Kurse an den Börsen, wo man sich auf bald noch billigeres Geld gefreut hatte. Der Dow-Jones-Index und der S&P 500 drehten ins Minus.
Die Notenbanker:innen hatten unter erschwerten Bedingungen entscheiden müssen. Denn wegen des teilweisen Regierungsstillstands in den USA im Zuge der Haushaltssperre lagen zuletzt praktisch außer den jüngsten Inflationszahlen keine vom Staat veröffentlichten Konjunkturdaten vor. So mussten sie quasi im Blindflug den Zinsbeschluss fassen.
Rätselraten um Powell
Analysten rätselten, was die Andeutungen Powells vor diesem Hintergrund meinen könnten: „Es scheint so, dass die Fed im Zweifelsfalle wohl lieber auf eine Zinssenkung im Dezember verzichtet, als aufgrund einer unzureichenden Datenlage eine falsche Entscheidung zu treffen“, sagte VP Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel. Letztlich würden die Daten über die Leitzinsen entscheiden, meinte Fed-Beobachter Bernd Weidensteiner von der Commerzbank: „Wir gehen zwar weiterhin von einer erneuten Senkung im Dezember aus, die Risiken für diese Prognose haben sich nach den recht deutlichen Warnungen Powells aber erhöht.“
Eine Ausnahme inmitten des Datenblackouts waren die jüngst veröffentlichten Verbraucherpreisdaten für September, die einen leichten Anstieg der Inflationsrate auf 3,0 Prozent zeigten. Die relative Schwäche des Arbeitsmarktes wiege in der Beurteilung der Lage stärker als die Robustheit des Wachstums und der moderate Anstieg der Inflation, sagte der Chefvolkswirt der KfW, Dirk Schumacher: „Ob dies auch in den folgenden Sitzungen gelten wird, bleibt abzuwarten.“
Powell betonte erneut, dass es zurzeit „keinen risikolosen Weg“ für die Geldpolitik gebe. US-Präsident Trump hat Powell immer wieder kritisiert und ihm einen zu zögerlichen Kurs vorgeworfen. Auf seiner Asienreise legte der US-Staatschef mit Kritik nach und titulierte den Notenbankchef als „schlechten Fed-Mann“.
Druck von Trump
Trump dringt seit Langem auf kräftige Zinssenkungen. Trotz des Drucks aus dem Weißen Haus auf die unabhängige Notenbank habe Powell bisher viel Rückgrat und Ruhe in diesem politischen Konflikt bewiesen, meint die Forschungsdirektorin am Kiel Institut für Weltwirtschaft, Lena Dräger: „Er könnte den Datenblackout, der eine direkte Folge des von der Regierung verursachten Shutdowns ist, als Argument nutzen, um die Zinsen vorerst konstant zu halten.“
Die Fed gab auch bekannt, dass sie den Abbau ihrer 6,6 Billionen US-Dollar schweren Bilanz beendet. Sie will die Größe ihrer Bilanz ab Dezember „einfrieren“, wie Powell es formulierte. Die Einlagen der Banken bei der Fed würden dann weiter langsam sinken, da andere Verbindlichkeiten der Fed „organisch“ wachsen würden. „Da die Fed weiter in einem Umfeld reichlicher Reserven operieren will, wird sich die Bilanz der Fed mittelfristig wieder ausweiten“, erläuterte Commerzbank-Ökonom Weidensteiner.
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