Geldanlagen in Energieproduktion: Flucht in die Windmühle

Großanleger investieren weniger in Staatsanleihen. Neben Immobilien und Infrastrukturprojekten geraten zunehmend erneuerbare Energien in den Fokus.

Auch für den Finanzmarkt ein Objekt der Begierde: Windkraftanlagen. Bild: dapd

HAMBURG taz | Fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise suchen Banken, Versicherer und Investoren weiter nach besseren Strategien für ihre Geldanlagen. In Zeiten von Niedrigstzinsen, riskanten Staatsanleihen, Geldflut der Notenbanken und unsicheren wirtschaftlichen Aussichten wird zwar weiter gezockt, aber auch verstärkt nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten gesucht. Als neue Hoffnungsträger gelten erneuerbare Energien, Infrastruktur und Immobilien.

Selten sei der Konflikt zwischen langfristigen Zielen und kurzfristiger Not so deutlich wie heute gewesen, klagt Winfried Hutmann, Geschäftsführer der Investmentgesellschaft Frankfurt Trust. Das kurzsichtige Krisenmanagement der Politik „verschiebt Investmentstrategien dauerhaft“. So gerieten Felder stärker in den Fokus der großen Finanzakteure, die bislang höchstens einige Spezialisten interessierten oder gar als grüne Spinnerei galten.

Im Sommer 2007 platzte die Immobilienblase auf dem amerikanischen Hausmarkt und löste die erste Weltwirtschaftskrise seit den 1930er Jahren aus. Dennoch suchen verunsicherte Anleger heute wieder zunehmend Zuflucht in Immobilien. „Anleger investieren in unsicheren Zeiten in Beton-Gold“, erklärt ein Sprecher des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) das merkwürdige Phänomen.

Internationale Schnäppchen

Bevorzugtes Zielland ist häufig Deutschland, wo gute Lagen in Großstädten international immer noch als Schnäppchen gelten. Während der durchschnittliche Preis pro 80-Quadratmeter-Wohnung in London rund 500.000 Euro beträgt, zahlen Investoren hierzulande im Schnitt rund 110.000 Euro. Zwei von drei Bundesbürgern wohnen zur Miete und müssen infolge dieses Anlagebooms mit Mieterhöhungen rechnen.

Doch das „Beton-Gold“ bringt Großinvestoren eine vergleichsweise niedrige Nettorendite von etwa 3 Prozent. Höhere Gewinne versprechen dagegen Infrastruktur und erneuerbare Energien. Die Munich Ergo Assetmanagement (Meag), Vermögensverwalterin des weltgrößten Rückversicherers Münchner Rück, plant in nächster Zeit Investitionen von bis zu 4 Milliarden Euro in diese Sparten, unter anderem für Windparks in Großbritannien, Photovoltaik in Deutschland und den Stromnetzbetreiber Amprion. Diese Investitionen würden „stabile Einnahmen über einen planbaren Zeitraum“ ermöglichen, begründet Meag-Geschäftsführer Holger Kerzel diese Anlagestrategie.

Streit um die Höhe der Renditen

Im scheinbar politischen Streit um deutsche Offshore-Windparks geht es daher auch vor allem um die Höhe der Profitrate. Mit den jüngsten Zugeständnissen sichert der Staat den Offshore-Akteuren laut Bundesnetzagentur nun eine Rendite von 9,05 Prozent zu, zunächst waren es nur etwa 7 Prozent. Auszahlen dürfte sich die Energiewende daher nicht allein für Energieerzeuger und Netzbetreiber, sondern bald ebenso für Versicherungen und Fonds – und deren Kunden.

Eine attraktive Rendite, stabile Erträge und Schutz vor hoher Inflation versprechen sich Investoren auch auf einem dritten Feld. „Der weltweite Bedarf an Infrastrukturinvestitionen ist enorm“, meint Olga Antonova von der Berenberg Bank. Das kostet Geld, das den hoch verschuldeten Staaten fehlt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veranschlagt den weltweiten Investitionsbedarf in Straßen, Schienen, Häfen, Telekommunikation, Elektrizität und Wasser bis 2030 auf mehr als 50 Billionen US-Dollar.

Privat finanzierte und betriebene Infrastruktur ist daher weltweit auf dem Vormarsch und damit die umstrittenen Öffentlich-Privaten Partnerschaften. „Das Potenzial ist riesig“, meint Antonova . So viel Optimismus hatte es zuletzt bis zum Ausbruch der Krise vor fünf Jahren gegeben.

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