Windkraft II: Möwen jagen offshore

Die Energiewende kann in Fahrt kommen. Den Offshore-Netzplan will das zuständige Bundesamt in Hamburg bis Anfang Februar vorlegen.

HAMBURG taz | Das Warten habe bald ein Ende, und dann könne es mit der Energiewende richtig losgehen, versicherte am Dienstag das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mit Sitz in Hamburg. „Etwa Anfang Februar wird der Offshore-Netzplan fertig sein“, stellte BSH-Präsidentin Monika Breuch-Moritz auf der Jahres-Pressekonferenz auf dem Forschungsschiff „Altair“ an den Hamburger Landungsbrücken in Aussicht. Im März soll der Plan vom Bundeskabinett genehmigt werden und in Kraft treten.

Dieser Plan ist die Grundlage für die Offshore-Technologie. Er legt fest, wo in Nord- und Ostsee wie viele Windparks errichtet werden dürfen und wie und wo der dort erzeugte Strom mit Kabeltrassen an Land gebracht wird. Die geplante Gesamtleistung soll bei mehr als 20 Gigawatt liegen. Das entspricht der Leistung von 15 großen Kraftwerken wie dem AKW Brokdorf oder dem Kohlemeiler Moorburg.

Der schleppende Ausbau auf dem Meer liegt vor allem an fehlenden Netzanbindungen. Auch die können nun nach den Maßgaben des Offshore-Netzplans in Angriff genommen werden. Das BSH hat von derzeit 126 Anträgen für Offshore-Windparks 29 bereits genehmigt, so Breuch-Moritz, gebaut werde mittlerweile in acht Windparks.

„Beim Ausbau der Windenergie brauchen wir einen langen Atem“, so Breuch-Moritz. Diese Energieform sei aber eine große Chance: „Wenn die Anlagen erst einmal stehen, verbrauchen sie keine Rohstoffe und verursachen keine Schadstoffemissionen und keinen Abfall.“ Das sei der richtige Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung.

Die „Altair“ startete am Nachmittag zur Fahrt zu den ostfriesischen Inseln. Auf der dortigen Forschungsplattform Fino 1 laufen seit Ende 2003 die ökologischen Begleitforschungen zum ersten deutschen Test-Windpark Alpha Ventus, der Anfang 2010 nördlich von Borkum den Betrieb aufnahm. Dort werden mit Messungen von Seegang, Strömungen, Temperatur, Druck und auch Lärm untersucht, wie Windparks in offenem Meer sich verhalten. „Dazu gibt es bislang nur wenige Erkenntnisse“, sagt Breuch-Moritz. Denn anders als viele andere Länder erlaubt Deutschland keine Offshore-Windparks in Küstennähe. Deshalb stehen sie weit vor den Küsten in 25 bis 40 Meter Wassertiefe.

Zu den Untersuchungen gehört auch der Vogelschlag. Nach einem Monitoring-Gutachten aus dem Juni 2010 kollidieren Zugvögel vor allem zu den üblichen Zugzeiten im Frühling und Herbst mit Offshore-Windanlagen. Zumeist handelt es sich bei den Opfern um Amseln und Drosseln. Bei Fino 1 wurden binnen vier Jahren 770 tote Vögel gezählt, nach einer Schätzung des Nabu kollidieren jährlich 15.000 bis 150.000 Vögel mit Windmühlen. Demgegenüber verenden in Stromleitungen und im Straßenverkehr zusammen bis zu zehn Millionen Vögel im Jahr.

Die Forschungen des BSH auf Fino 1 haben diese Ergebnisse bislang bestätigt. Jedoch fallen seit kurzem vermehrt Möwen den drehenden Rotoren zum Opfer. Dafür gibt es eine simple und ökologische Erklärung. Weil in Offshore-Windparks nicht gefischt werden darf, hielten sich dort zunehmend mehr Fische auf. Die Möwen haben sich darauf bereits eingestellt – und jagen gezielt in gefährlichem Terrain.

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