Geld für die Ukraine: Hilfe unter strikten Bedingungen
Die Ukraine hat 13 Milliarden Euro Schulden. Brüssel kann sich weder einen Rettungsschirm leisten – noch einen raschen Beitritt zur EU.
BRÜSSEL taz | Mit Wiktor Janukowitsch wollte die EU schon lange nichts mehr zu tun haben. Seit seinem brüsken Nein zur EU-Annäherung ist der Ex-Machthaber der Ukraine in Brüssel in Ungnade gefallen. Doch nun, da er endlich weg ist, ist es auch nicht recht. Verlegen weicht der Sprecher von Kommissionschef José Manuel Barroso beim Pressebriefing am Montag allen Fragen nach dem „Ex“ aus. Selbst zur Anklage wegen „Massenmordes“ will er keine Stellung nehmen.
Schon merkwürdig für eine Behörde, die jahrelang mit Janukowitsch verhandelt hat. Noch erstaunlicher ist die Verwirrung, die am dritten Tag nach dem Umsturz in Kiew in Brüssel herrscht. Offenbar hat die Entwicklung die Verantwortlichen in der EU auf dem falschen Fuß erwischt. Kaum eine Frage nach Finanzhilfe oder EU-Beitritt wird beantwortet.
„Wir sind zur Hilfe bereit, sofern es ein Reformprogramm der neuen ukrainischen Regierung gibt“, so der Kommissionssprecher. Von einer Geberkonferenz, wie sie die Übergangsregierung in Kiew fordert, habe er noch nichts gehört. Natürlich könne man jederzeit über das Assoziierungsabkommen reden. Doch die Revolutionäre vom Maidan wollen keine Assoziierung – sie fordern den Beitritt. Sie sei sich sicher, dass die Ukraine in naher Zukunft der EU beitreten werde, so die alt-neue Oppositionsführerin Julia Timoschenko am Sonntag.
Die Ukrainer wollen auch keine vagen Hilfszusagen – sondern eine massive Finanzspritze: 35 Milliarden Dollar müssten es schon sein, erklärte der kommissarische Finanzminister Juri Kolobow. Dieses Jahr werden 13 Milliarden Euro Altschulden fällig, ein Großteil davon gegenüber Russland. Bereits zugesagte Nachlässe hat Moskau auf Eis gelegt. Und die EU ist nicht auf die Wünsche aus Kiew vorbereitet: Derzeit kann sie sich weder einen „Bailout“ des von der Pleite bedrohten Landes noch einen raschen EU-Beitritt leisten.
Harte Bedingungen à la Griechenland
Ausgerechnet Kanzlerin Angela Merkel, die jetzt auf schnelle Hilfe für Kiew drängt, hat das EU-Budget kräftig zusammengestrichen. Und ausgerechnet Deutschland besteht bei allen Finanzhilfen auf „strikte Konditionaliät“, also: auf harte Bedingungen à la Griechenland. Um überhaupt Hilfe zu ermöglichen, ist Brüssel mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) im Gespräch. Zudem wurde die Londoner Bank für Wiederaufbau und Entwicklung eingeschaltet. Auch die USA und Großbritannien haben sich eingeklinkt.
Doch ohne strikte Bedingungen wird kein Geld fließen, betonte die EU-Kommission am Montag noch einmal. Die Ukrainer werden also starke Einsparungen hinnehmen müssen. Vielleicht müssen sie sogar frieren: Das Land ist abhängig von russischem Gas – und Moskau hat dies schon in der Vergangenheit eiskalt für Erpressungsversuche ausgenutzt. Europa kann dem nicht viel entgegensetzen, 66 Prozent des russischen Erdgases für die EU fließen durch Pipelines in der Ukraine.
Und wie sieht es mit einem EU-Beitritt aus? Auch da sollten sich die Umstürzler vom Maidan keinen Illusionen hingeben. Die EU ist in dieser Frage tief gespalten. Daran wird auch Timoschenko nicht viel ändern: Schon in ihren ersten beiden Amtszeiten als ukrainische Regierungschefin hat sie es nicht geschafft, den Beitritt auf die EU-Agenda zu setzen.
Sogar der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), winkt ab: „Die Ukraine erfüllt derzeit nicht einmal die Bedingungen für einen Kandidatenstatus“, sagt er. Die Ukrainer werden sich auf eine lange und entbehrungsreiche Zeit einstellen müssen. Europa hat zwar Hilfe versprochen – aber die wird teuer bezahlt werden müssen.
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