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Gekippte EU-VerordnungAbgeholzter Waldschutz

Kommentar von Ulrike Fokken

Der Kampf gegen Entwaldung hat im EU-Parlament einen Rückschritt erlitten. Das ist nicht nur für die Natur beunruhigend.

Kahlschlag: Alle EU-Staaten gelten nun als „No-risk“-Staaten für Waldzerstörung Foto: F. Hecker/imago

N eue Zeiten im EU-Parlament: Mit den Stimmen der extremen Rechten von AfD, Marine Le Pen, Viktor Orbán und den anderen Mitgliedern der nationalistischen Fraktionen haben die deutschen Christdemokraten mit der konservativen EVP-Fraktion die EU-Entwaldungsverordnung gekippt.

Der Wald ist seit eh und je ein politisches Hege- und Hassobjekt der neoliberalen Naturzerstörer, doch dass CDU und CSU für ihr Verständnis von Wald sogar die Brandschutzschneise überschreiten, ist auf der europäischen Bühne neu. Noch im vorherigen EU-Parlament hatten die deutschen Unions-Abgeordneten in der EVP-Fraktion der Entwaldungsverordnung zugestimmt.

Kurz gesagt will die EU mit der Verordnung verhindern, dass ökologisch wertvolle Wälder gerodet werden und dann auf den Flächen in Südamerika oder Asien Kakaoplantagen, Sojaäcker oder Rinderzuchtflächen entstehen. Mit derartigen Entwaldungspraktiken sind die EU-Staaten indirekt nach China die größten Waldzerstörer der Welt – und das wollten bislang sowohl EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als auch die fortschrittlichen EU-Abgeordneten eindämmen.

Auf ihrer Seite stehen Lebensmittelkonzerne, die erkannt haben, dass sie ihren Unternehmenszweck nur mit der Natur aufrechterhalten können und nicht mit mehr Zerstörung. Kleinere Unternehmen hingegen fürchten die zusätzliche Bürokratie, die ihnen die Entwaldungsverordnung aufladen würde.

Vermutlich ist die Sorge berechtigt, und es ist gut, dass von der Leyen schon vor dem Pakt der EVP mit der Rechten zugesagt hatte, die bürokratischen Hürden zu senken. Doch nun werden Sinn und Zweck der Anti-Entwaldungs-Verordnung im erneuten Vermittlungsverfahren vermutlich zerrieben: die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen zu beenden. Neoliberale aller Parteien jubeln schon, dass sie ihr Hauptanliegen erreicht haben: Alle EU-Staaten gelten fortan als „No-risk“-Staaten für Waldzerstörung – sie dürfen also weiter ungestraft die Naturwälder abholzen. Das ist hochriskant für den Schutz von Natur und Klima, für den europäischen Zusammenhalt – und damit auch für die Demokratie.

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5 Kommentare

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  • Ist dem so, dass in Europa Wälder in großem Stil abgeholzt werden? Ok, in Rumänien gibt es das schon, dass Kriminelle unter dem Schutz von Korruption das wegholzen.



    Das wird man aber mit keinem noch so schönen EU-Wald-Pakt in den Griff bekommen.



    Und in Deutschland hat der Wald über die letzten Jahrzehnte deutlich zugenommen.



    Dass man aber mit einer tollen hochbürokratischen Verordnung á la Lieferkettengesetz sich einbildet, die Entwaldung außerhalb Europas eindämmen zu können, das ist schon ziemlich irre.

  • Im nun beginnenden Wahlkampf sollte jedeR von uns immer wieder deutlich machen, dass CDSUAFDP absolut nicht an der Bekämpfung des Klimawandels, der Erhaltung der Schöpfung oder Umweltschutz interessiert sind. Die sind ausschließlich daran interessiert, dass Profite ungehindert fließen - gleichgültig ob das zu weiteren Extremen in der Natur führt. Hauptsache die Lobbyisten sind mit der "Leistung" der EVP Parteien und deren Verwandte rechts davon zufrieden. Die Menschen im Ahrtal, in Spanien oder in den Hurricanegebieten werden sich ob dieser rücksichtslosen Einstellung freuen....

    • @Perkele:

      D und Europa tun immer noch so, als wären sie besser als der Rest der Welt, aber die Tarnung bröckelt rapide ab.



      Die größten Konzerne kennen keine Grenzen, weder geographisch noch in ihrer Gier, und Lokalpolitik duckt sich mit dem Kopf, tritt nach unten und wedelt mit dem Schwanz.

  • Wenn Südamerikaner die Gegenfrage stellen, wie es denn bei unseren Wäldern aussieht, dann sollten wir eine Antwort geben können.



    Natürlich kann man bei Wohlleben sauberen Wald unterstützen, doch der große Hebel ist, Wald gar nicht erst in öde Braunkohlegruben zu entwerten o.ä.

    • @Janix:

      Der Anteil von Waldflächen steigt in Deutschland seit Jahren stetig an. Auch in renaturierten Braunkohlegebieten.