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Geil und gefährlich

■ In der Städtischen Galerie trifft der Bremer Förderpreisträger von 1996 Florian Zeyfang auf den Fast-Förderpreisträger Constantin Jaxy

Die Futuristen sagten nicht nur, dass ihnen ein Motorrad sehr viel besser gefällt als die Mona Lisa; sie fanden es zudem originell, sowas zu sagen. Das ist komisch, denn mein Onkel Hans aus Straubing, der weder etwas Besonderes ist noch solches sein will, spricht ähnlich. Mein Bruder Axel aus München-Bogenhausen ebenso. Auch Constantin Jaxy könnte so sprechen.

Egal ob er sich in Russland, im Bremer Hafen oder zwischen den Seiten eines Fotokatalogs rumtreibt, sein Augenmerk fällt unweigerlich auf Tanks, Autobahnkreuze, Schraubenwindungen. Wo viele Menschen gegenüber der Technik längst den nüchternen user-Blick des Taugt-oder-wird-weggeworfen haben, verbindet Jaxy mit Beton und Stahl eine prickelnde Mischung aus Horror und Faszination. Sein schwarz-weiß-silbernes Monsterbild vom Panamakanal sieht aus wie eine monströs-undurchschaubare Star-Wars-Kulisse: geil und gefährlich.

Vor allem nutzt Jaxy die Technik als Metaphernreservoire. Eine kurvige Autobahn wird bei ihm zur Endlosschleife, aus der es kein Entrinnen gibt. Jene Bohrmaschinen, die sich in Bergwerken durch die Gesteinsschichten von Jahrhunderten durchfräsen, stehen für den Traum des Zeitreisens. Zügig, mit breitem Malerquast, lässt Jaxy Metallstreben und deren Schattenlinien über seine riesigen Bildformate sausen. So wirkt auch Unverrückbares bewegt: Zeppelinhallen, Fosters neue Reichstagskuppel, eine derangierte Flutlichtanlage: alles rotiert, schießt, bäumt sich auf. In den kleinen schludrigen Zeichnungen der Skizzenbücher wirkt das technoide Zeugs wie fernöstliche Schriftzeichnungen: Entzifferung unerwünscht.

Im Unterschied zu den Futuristen und Onkel Hans redet Jaxy nicht über seine Technik-Fantum. Stattdessen erzählt er, erstens, dass alle Bilder durch Tatsächliches angeregt sind, zweitens, dass er dieses Tatsächliche aber nicht malt wie er es sieht, sondern wie er es „fühlt“, tief innen, gleich neben dem Herzen. Mithin sind seine Bilder also echt gefühlsecht wie Ritex-Kondome; obwohl seit Ende von Im-, Ex- und Hopppressionismus kaum ein Mensch mehr an so große Dinge wie die Intuition des einzigartigen Individuums glaubt. Ist dem Rezipienten doch wurscht, was ein Künstler fühlt oder nichtfühlt. Nur gut, dass Bilder spannender als das Reden ihrer Macher sein können.

Ganz gewiss kein Aus-dem-Bauch-Künstler ist Florian Zeyfang. Hin und her gerissen von der Technik scheint aber auch er zu sein. In seinen Videoinstallationen geht es um die schönere, bessere Cyber-Virtualität. Natürlich ist Zeyfang misstrauisch. Das ganze Gerede um die Simulation ist alles nur hype, meint ein Video mit simulierter Rennfahrt in altmodischem, unsinnlichem Schwarz-Weiß-Zeichentrick. Eine andere Arbeit lässt es gleich sein mit dem Digitalen und erinnert sich wehmütig an Zeiten, wo Film noch dezidiert politisch sein durfte, sein musste.

Im circulus vitiosus der Selbstreflexion rotierte man allerdings damals schon: Zeyfang lässt also Jane Fonda und Yves Montand in Godards „Alles in Butter“ über Filmemachen und Politik reden, während sie in einer bestreikten Fabrik festsitzen. Das ist schön. Nur: Der Betrachter hat kaum eine Chance den Verweisungsreichtum – Godard, frühe 80er mit ihrer aufkeimenden Skepsis gegenüber dem Politischen – mitzukriegen. Das Regisseurenpaar Straub-Huillet war einst berühmt-berüchtigt für die unendliche Geduld, die seine zähe, anti-videoclipige Filmsprache dem Zuschauer abverlangte. Zeyfang verramscht auch sie in seinem Intellektuellen-Videoclip, der alles anstreift (von Paul Virilios kruder These vom Film als Abfallprodukt der Kriegstechnologie bis zur medialen Aufbereitung des Zusammenbruchs des Ostens), aber nur vage miteinander vernetzt. Irgendwie so aufgeladen und gleichzeitig so flüchtig wie das Medium, das hier kritisiert wird. Aber immerhin klug. bk

Städtische Galerie im Buntentor, bis 31.  Oktober

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