Gehaltsaffäre in Niedersachsen: Aufklärung startet zäh
Er geriet holprig bis bissig: Auftakt zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Sondergehältern in der niedersächsischen Staatskanzlei.
Doch gleich zu Beginn lieferte sich die CDU-Opposition erst einmal ein Kräftemessen mit der Regierungsmehrheit. Hinter verschlossenen Türen ging es um nicht vollständig vorgelegte Akten und vor allem das Fragerecht. Nur unter Protest ließ sich die Opposition am Ende darauf ein, dass nach einem CDU-Frageblock von 30 Minuten erst einmal die SPD, dann im Wechsel AfD und Grüne dran sein sollten.
Das ist keine ganz unwichtige Frage, wie sich schon bald zeigen sollte: Kaum war es der Parlamentarischen Geschäftsführerin und Wortführerin im Ausschuss, Carina Herrmann, (CDU) gelungen, die Staatssekretärin im Finanzministerium, Sabine Tegtmeyer-Dette einigermaßen in die Zange zu nehmen, da musste sie das Fragerecht vorläufig abgeben.
Tegtmeyer-Dette bemühte sich redlich, bei der offiziellen Linie zu bleiben: Man habe diesen einen Einzelfall zum Anlass genommen, die Verwaltungspraxis insgesamt neu zu betrachten und zu ändern. Das soll notwendig sein, damit die Landesregierung als Arbeitgeber – auch für Quereinsteiger – attraktiv bleiben kann.
Handstreichartig die Regeln geändert?
Die CDU bemühte sich dagegen herauszupräparieren, dass es hier um etwas ganz anderes ging: Die Staatskanzlei wollte die junge Büroleiterin genauso üppig bezahlen wie ihre Vorgänger auch. Und weil das – vor allem aufgrund ihrer nicht ausreichend langen Berufserfahrung – nach den gängigen Regeln nicht möglich war, änderte man eben handstreichartig die Regeln.
Den ein oder anderen „kollegialen Konflikt“ musste Tegtmeyer-Dette einräumen. Der hatte in den Akten eben auch Spuren hinterlassen. Das betrifft vor allem die E-Mails, die zwischen dem Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, und dem Finanzministerium hin und her gingen, aber auch die Nachfragen und Anmerkungen, die Tegtmeyer-Dette an ihre eigenen Fachleute richtete.
„Für heute konnte ich das Gespräch mit dem MP abmoderieren. Aber für nächste Woche müssen wir eine Regelung finden“, heißt es da etwa. Oder: „Das Thema AT-Angestellte ist leider noch nicht abgeschlossen“. Darin klingt zumindest einmal an: Sonderlich begeistert war man im Finanzministerium nicht vom Vorstoß aus der Staatskanzlei.
Anfangs hatte die Fachabteilung mit drastischen Worten davor gewarnt, für die Büroleiterin eine Ausnahme von der bisherigen Verwaltungspraxis zu machen. Von einer drohenden „massiven Ungleichbehandlung von Beamten und Angestellten“, einer „Bezahlung nach Gutdünken“ und möglichen „Verstößen bis hin zur Untreue“ ist in einer – besonders drastisch formulierten – E-Mail aus der Fachabteilung die Rede.
Empörung über fehlende Akten
Das habe sich aber noch auf den Einzelfall bezogen, wiegelte Tegtmeyer-Dette ab. Es habe da eine „Umbruchphase“ gegeben, in der sich die Debatte weg von dieser Personalie hin zu einer –politisch erwünschten – allgemeinen Neuregelung bewegt habe.
Bei dem Versuch nachzuweisen, dass es hier unzulässigen Druck von ganz oben gab, wurde es allerdings schnell sehr kleinteilig und schwierig. Die CDU bemühte sich zunächst, die zeitliche Abfolge zu rekonstruieren – auch um klar zu kriegen, wann und auf wessen Betreiben es denn nun im Finanzministerium zur Kehrtwende kam.
Für große Empörung sorgte im Laufe der Sitzung auch, dass in den vorgelegten Akten offenbar wesentliche Teile der Korrespondenz zwischen der Finanz-Staatssekretärin und ihrem Minister, Gerald Heere (Grüne), fehlen. Bis in den späten Nachmittag zog sich die Befragung der ersten Zeugin, die streckenweise eher einer Vernehmung glich.
Wie weit die daraus gewonnen Erkenntnisse reichen, wird sich aber erst im Kontrast zu den weiteren Zeugenaussagen zeigen. Um die Fortsetzungstermine gab es allerdings auch noch Streit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!