Gegner der Griechenland-Hilfe: Eilantrag gescheitert
Das Bundesverfassungsgericht lehnt einen Eilbeschluss gegen den deutschen Beitrag zum Hilfsprogramm für Griechenland ab. Die Richter halten sich dabei aber alle Möglichkeiten offen.
FREIBURG taz | Das Bundesverfassungsgericht will nicht im Weg stehen, aber weiter mitspielen. Am Samstag lehnte Karlsruhe einen Eilantrag ab, mit dem fünf Professoren die erst am Freitag im Bundestag beschlossene Griechen-Hilfe noch verhindern wollten. Die Richter erklärten die Verfassungsbeschwerde allerdings nicht für unzulässig.
Erst am Freitagmittag hatten die Professoren eine von dem Erlanger Staatsrechtler Karl-Albrecht Schachtschneider formulierte Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Richter sagten alle sonstigen Termine ab und berieten bis in die Nacht. Gänzlich unvorbereitet waren sie freilich nicht. Am Mittwoch hatten sie bereits ein Vorab-Exemplar der 154-seitigen Klage erhalten.
Die Professorengruppe, die 1998 auch schon erfolglos gegen die Einführung des Euro geklagt hatte, warnte diesmal, dass die Griechen-Kredite den Euroraum zu einer "Inflationsgemeinschaft" machten. Die Hilfe widerspreche zudem dem Vertrag über die Arbeitsweisen der EU, der die Haftung für Schulden anderer Mitgliedsstaaten ausschließe. Da eine Verfassungsbeschwerde nur bei Verletzung individueller Rechte möglich ist, beriefen sich die Professoren auf ihr Grundrecht auf Eigentum. Per einstweilige Anordnung sollte Karlsruhe sofort die Auszahlung der Hilfen stoppen.
Nicht nur im Bundestag war letzte Woche alles ganz schnell gegangen. Auch Karlsruhe zeigte Rasanz. Schon Samstagmittag signalisierte der Zweite Senat unter Präsident Andreas Voßkuhle grünes Licht - für die Hilfen. Der Antrag auf eine Eilanordnung wurde abgelehnt. Eine Folgenabwägung der Verfassungsrichter ergab: Das Scheitern der Griechen-Hilfe könnte die Stabilität der Währungsunion gefährden. Dagegen sahen die Richter keinen wesentlichen Schaden für die Volkswirtschaft, falls Deutschland am Ende die Griechen-Kredite abschreiben müsste. Auch das Eigentumsrecht der Kläger wäre dadurch nicht irreversibel beeinträchtigt - selbst wenn sich die Hilfen als verfassungswidrig herausstellten.
Inhaltlich nahmen die Richter keine Stellung, ob die Verfassungsbeschwerde zulässig ist und wie ihre Erfolgsaussichten sind. Sie verzichteten damit auch darauf, die Klage für "offensichtlich unzulässig" zu erklären, was viele Beobachter für naheliegend gehalten hatten. So können die Richter später noch grundsätzliche Überlegungen zur Währungsunion veröffentlichen. Zugleich signalisierten sie, dass auch in der EU-Währungspolitik jederzeit mit Karlsruher Interventionen zu rechnen ist oder zumindest gedroht werden kann. (Az.: 2 BvR 987/10f)
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