Gegenverkehr: Linke provoziert Crash auf A 100
Die Linkspartei sagt Nein zur A 100. Das strittige Verkehrsprojekt soll mit dem Koalitionspartner SPD neu verhandelt werden. Junge-Reyer hält an Autobahnplänen fest.
"Grundsätzlich", so lautet der mit großer Mehrheit angenommene Parteitagsbeschluss, "lehnt die Berliner Linke den Weiterbau der A 100 als Stadtring ab". Mit diesem Satz vom Samstag - der nicht überraschend kam - hat die Linke die rot-rote Koalition und den Senat vor eine Zerreißprobe gestellt. Während Berlins Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) weiter auf das Projekt pochen, stehen die Linkspartei samt Fraktionschef Udo Wolf und nun auch Umweltsenatorin Katrin Lompscher offen auf gegen den Ausbau der Strecke von Neukölln bis Treptow.
Dass der Linken-Parteitagsbeschluss nicht nur Balsam für die angefressene sozialistische Seele im harten Regierungsalltag mit der SPD bleibt, sondern umgesetzt wird, daran ließ Wolf am Wochenende keine Zweifel. Die Fraktion sei "aufgefordert" worden, mit dem Koalitionspartner SPD über den Stop der Planungen zu sprechen, sagte Wolf. Man habe zwar kein Interesse, den Koalitionsvertrag "einseitig" aufzukündigen. "Ich bin aber optimistisch, dass die SPD bald zu Verhandlungen bereit ist."
Parteichef Klaus Lederer sagte, angesichts der Konfliktlage mit der SPD müsse die Partei jetzt überzeugend darlegen, wie die Verkehrsprobleme im Südosten gelöst werden sollen.
Das umstrittene Verkehrsprojekt haben die rot-roten Regierungsparteien noch 2006 im Koalitionsvertrag befürwortet. Während insbesondere Junge-Reyer und der Bund als Finanzier die Autobahnpläne forcieren, lehnten die Berliner Sozialdemokraten diese auf einem Parteitag im Mai 2009 mit knapper Mehrheit ab. Auch in der Fraktion gibt es Stimmen, auf die Verlängerung der A 100 zu verzichten.
Von der Entscheidung unbeeindruckt zeigte sich Junge-Reyer. Die Senatorin respektiere den Parteitagsbeschluss; für die Regierungsarbeit aber gelte die bestehende Vereinbarung mit der Linken, sagte ihr Sprecher Mathias Gille am Sonntag zur taz. Ob der Konflikt um die A 100 in der Koalitionsvereinbarung "neuen Raum" gewinnen könnte oder nicht, müsse abgewartet werden. Junge-Reyer halte an ihrer Linie fest, der Bezirk Treptow-Köpenick werde durch den Autobahnbau entlastet.
Nach Ansicht von SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler werde man zunächst intern klären, ob ein Verkehrskonzept auch ohne die A 100 möglich sei. Sei dies nicht machbar, werde das Thema notfalls der Partei erneut zur Entscheidung vorgelegt werden. Gaebler rechnet damit, dass es im Sommer eine abschließende Klärung mit der Linken geben wird.
Während die Grünen und Umweltverbände wie der Berliner BUND den Parteitagsbeschluss der Linken begrüßten, nahmen die CDU, FDP und die IHK dies zum Anlass, die Politik von Rot-Rot insgesamt infrage zu stellen. Frank Henkel, Landes- und Fraktionschef der CDU, ätzte in Richtung Wowereit, dieser verliere in den eigenen Reihen immer stärker an Rückhalt. Nach der Berliner SPD entziehe ihm nun auch die Linkspartei ihre Unterstützung. Und Christoph Meyer, seit Ende März neuer Berliner FDP-Landesvorsitzender, forderte Wowereit gar auf, im Abgeordnetenhaus die "Vertrauensfrage" zu stellen.
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