Gefundene Sprengsätze in Thüringen: „Mehr als besorgniserregend“
Der Fund zweier Sprengsätze mit Hakenkreuz in Thüringen beunruhigt Politik und Behörden. Wer steckt hinter dem Brand nahe einer Flüchtlingsunterkunft?
Die Sprengsätze mussten laut Polizei entschärft beziehungsweise gesprengt werden. Der Bahnhof war in der Folge am Sonntag stundenlang weiträumig abgesperrt. Wer die Sprengsätze dort deponierte hat und aus welchen Gründen, sei bislang unbekannt, erklärte zunächst die Polizeiinspektion Sömmerda. Nach taz-Informationen sollen diese eher amateurhaft zusammengebaut gewesen sein.
Am Montag übernahm dann der Staatsschutz des Thüringer Landeskriminalamtes die Ermittlungen. Eine Sprecherin bestätigte der taz, dass einer der Sprengsätze mit einem Tuch umwickelt war, auf dem sich ein Hakenkreuz befand. Auf ein politisches Motiv wollte sie sich dennoch nicht festlegen. „Die Ermittlungen gehen in alle Richtungen“, sagte die Sprecherin der taz. Man gehe dem Sachverhalt „unermüdlich“ nach.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) zeigte sich besorgt über den Vorfall. „Für mich sieht das nicht nach einem Dumme-Jungen-Streich aus“, sagte er der taz. „Das ist ein sehr beunruhigender Vorfall, der nicht kleingeredet werden darf und genau ermittelt werden muss.“ Auch der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, erklärte, die Sicherheitsbehörden nähmen den Vorgang sehr ernst. In Thüringen gebe es länger schon rechtsterroristische Ansätze. Ob der Fall dort einzusortieren sei, müssten die Ermittlungen zeigen.
Die Linken-Innenexpertin Katharina König-Preuss zog Parallelen auch zum NSU-Kerntrio, das vor seinem Untertauchen 1998 Sprengstoff mit Hakenkreuzen an öffentlichen Orten abgelegt hatte. „Es ist nicht auszuschließen, dass die rechte Szene hier nun wieder Zeichen setzt“, sagte König-Preuss der taz. „Dass das mit zündfähigem Sprengstoff geschieht, ist mehr als besorgniserregend. Diesem Fall muss konsequent nachgegangen werden.“
Anschlag auf Unterkunft in Apolda?
Derweil beschäftigt Thüringen noch ein zweiter, möglicherweise rechtsextrem motivierter Vorfall. Am Montagnachmittag wurden in Apolda auf einer Industriebrache gegenüber einer Unterkunft für rund 150 Geflüchtete aus der Ukraine Holzpaletten entzündet. Auf dem Gelände befanden sich auch Gasflaschen, aus einer entströmte Gas. Ein Sicherheitsmann der Unterkunft hatte die Feuerwehr gerufen.
Ein Sprecher der Polizeiinspektion Jena sagte am Dienstag der taz, Anhaltspunkte, dass sich der Brand gezielt gegen die Unterkunft richtete, gebe es bisher nicht. Auf der Brache komme es immer wieder zu Vandalismus. Man gehe bisher davon aus, dass die Paletten und Gasflaschen sich schon länger auf dem Gelände befanden und dort von einem Unbekannten entzündet wurden. Nach dieser Person werde noch gefahndet. Das Tatmotiv bleibe damit noch ungeklärt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut