Geförderte Demokratietrainings: Auch im Westen brennt's
Bisher zielte ein Bundesprogramm, das Demokratietrainings anbietet, nur auf Ostdeutschland. Nun soll es auch auf den Westen ausgedehnt werden.
DRESDEN taz | Wie demokratisch ist es, wenn der Lobbyist eines großen Unternehmens einen Schreibtisch im Deutschen Bundestag hat? Wie verhalten Sie sich, wenn der Chef eine abfällige Bemerkung über Frauen macht? Zwei Fragen aus dem Demokratietraining des Programms „Zusammenhalt durch Teilhabe“. Am Rande der jährlichen Fachkonferenz in Dresden wurden sie auch mit Journalisten szenisch durchgespielt.
Die Ausbildung von Demokratietrainern ist ein Schwerpunkt dieses Bundesprogramms, das neben anderen solchen Programmen wie „Xenos“ oder „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ demokratiefeindliche Einstellungen in der Gesellschaft bekämpfen soll. Bisher zielte es ausschließlich auf ländliche und strukturschwache Räume in Ostdeutschland, Schwerpunkte bildeten dabei die Feuerwehren und der Sport.
Der zuständige Abteilungsleiter Jörg Bentmann vom Bundesinnenministerium versichert zwar, dies geschehe nicht, weil diese Bereiche für Nationalismus und Rassismus besonders anfällig seien, sondern wegen der Breitenwirkung: So sei beispielsweise jeder achte Sachse im Landessportbund organisiert. Mike Brendel vom Sächsischen Landesfeuerwehrverband räumt aber ein: „Wir sind absolute Zielgruppe für die Nazis.“ Er kenne überdies auch Vereine, die sich weigerten, Frauen aufzunehmen.
Das Bundesprogramm soll nun bis 2016 in eine zweite Förderperiode gehen. Ute Seckendorf, die Leiterin der Regiestelle, kündigt neben einer Evaluation auch die Entwicklung von Qualitätskriterien an. Denn die Demokratietrainer berichten auch von Problemen, Jugendliche wirklich zu erreichen. Dennoch soll dieses Trainerprojekt eine „Westausdehnung“ erfahren, wo man auch Bedarf erkannt hat. „Der Rechtsextremismus ist nicht nur ein ostdeutsches Phänomen“, sagt Abteilungsleiter Bentmann.
Dann aber, so ist am Rande zu vernehmen, muss das gegenwärtig mit 6 Millionen Euro jährlich ausgestattete Programm deutlich aufgestockt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“