Geflüchtete in Deutschland: SPD will mehr Geld für Kommunen
Sigmar Gabriel verlangt Mehrausgaben des Bundes. Die Grünen fordern von Angela Merkel eine klare Stellungnahme zu rassistischen Auschreitungen.
![Ein Junge sitzt an einem Tisch Ein Junge sitzt an einem Tisch](https://taz.de/picture/601265/14/boizenburg_14174297.jpg)
In einem ARD-Interview warnte Gabriel außerdem davor, die Kommunen finanziell zu überfordern. So müssten dringend Wohnungen nicht nur für Flüchtlinge gebaut werden. „Es darf in Deutschland nicht der Eindruck entstehen, dass man für einen Teil alles und für andere, denen es auch nicht gutgeht, gar nichts macht.“
Scharf kritisierte der Wirtschaftsminister den Umgang Europas mit der Krise. „Ich finde, es ist eine Riesenschande, dass eine Mehrzahl der Mitgliedstaaten sagt: Das geht uns nichts an.“ Die EU sei keine Zugewinn-, sondern eine Wertegemeinschaft. Die offenen Grenzen seien gefährdet, wenn auf Dauer der Eindruck entstehe, nur Schweden, Österreich und Deutschland nähmen viele Flüchtlinge auf. Ein Rückfall in ein Europa ohne offene Grenzen würde dramatische Folgen haben.
„Deutschland kann natürlich eine so große Zahl von Flüchtlingen, wie sie jetzt kommt, aufnehmen“, sagte Gabriel. „Aber wir können das natürlich nicht unendlich.“
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) dringt ebenfalls auf schnelle finanzielle Hilfen des Bundes bei der Unterbringung. „Wenn der Eindruck entsteht, dass die Städte und Kommunen überfordert sind, besteht die Gefahr, dass die positive Stimmung kippt“, sie dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“.
Flüchtlingsgipfel im September
Bislang hat der Bund den Ländern und Kommunen für dieses Jahr eine Milliarde Euro an Entlastung zugesagt. „Das reicht sicher nicht aus“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, dem Magazin Focus. „Wir erwarten eine deutliche Aufstockung der Mittel.“ Mit Blick auf den Winter bräuchten die Kommunen außerdem „dringend ein Bauprogramm, das mit mindestens zwei Milliarden Euro ausgestattet sein sollte“.
Nach der jüngst nach oben korrigierten Prognose rechnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit der Rekordzahl von 800.000 Asylbewerbern in diesem Jahr. Die damit verbundenen Kosten – 2014 waren es etwa 2,2 Milliarden Euro – dürften sich vervielfachen. Ab 2016 will sich der Bund dauerhaft an den Kosten beteiligen, gekoppelt an die Zahl der Flüchtlinge. Am 24. September wollen Bund und Länder ihr weiteres Vorgehen bei einem Flüchtlingsgipfel beraten.
DGB-Chef Hoffmann Reiner Hoffmann forderte die Bundesregierung auf, angesichts der Flüchtlingskrise ihre haushaltspolitischen Ziele aufzugeben. Wenn man den Kommunen finanziell ausreichend helfen wolle, könne man nicht an der schwarzen Null festhalten, sagte er dem SWR.
Grüne warnen vor neuem rechten Terror
Schwesig kritisierte den Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), Geldleistungen für Asylbewerber zu überdenken, etwa das Taschengeld. Mit der Diskussion lenke man von dem eigentlichen Problem ab: „Nämlich dass die Asylverfahren nicht schnell genug bearbeitet werden“. Und: Mit der Forderung nach mehr Sachleistungen „suggeriert man den Bürgern, die Flüchtlinge kämen alle nur wegen 140 Euro Taschengeld nach Deutschland“. Die meisten kämen aber, weil sie vor Krieg und Vertreibung fliehen, sagte sie dem Tagesspiegel.
Währenddessen warnen die Grünen nach den Krawallen von Rechtsextremen und Rassisten im sächsischen Heidenau vor einem neuem rechten Terror und pochen auf ein Eingreifen der Bundeskanzlerin. „Die Zögerlichkeit von Angela Merkel, hier die richtigen Worte zu finden, kann ich nicht mehr verstehen“, erklärte am Sonntag die Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckhardt.
Auch der sächsischen Landesregierung machte sie Vorwürfe. „Einzelne Krawalle kann man nie ausschließen. Wenn aber ein rechter Mob in zwei Nächten nacheinander Menschen bedrohen kann, dann ist das Gewaltmonopol des Staates in Gefahr. Heidenau ist eine direkte Folge der falsch verstandenen Toleranz der sächsischen Landesregierung gegenüber Pegida.“
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