piwik no script img

Geflüchtete helfen sich via FacebookDurchblick im Ämterdschungel

Wie vereinbart man einen Termin beim Arzt? Wie kauft man ein ÖPNV-Monatsticket? Yazan Bakkour und Bakri Naoura erklären es auf Facebook.

Yazan Bakkour hilft Neu-Ankommenden indem er Behördendeutsch und Nachrichten übersetzt Foto: Ismail Ismail

Vor dem Assad-Regime waren sie 2015 geflohen, über dessen Verbrechen wollten sie informieren. Deshalb starteten Yazan Bakkour (Foto) und Bakri Naoura vor zwei Jahren die Facebook-Seite „Dresden Al-Arabia“. Die beiden hatten sich 2015 in der Erstaufnahme in Heidenau, südlich von Dresden, kennengelernt.

Über 20.000 Menschen abonnieren heute ihre Seite, mit der die beiden das Leben der arabischsprachigen „Neu-Angekommenen“, wie sie sagen, erleichtern wollen. Deren Alltag werde durch mangelnde Deutschkenntnisse erschwert, sagt Naoura. „Deshalb wollten wir uns den alltäglichen Schwierigkeiten widmen.“ Wie vereinbart man einen Termin beim Arzt? Wie kauft man ein ÖPNV-Monatsticket?

Dafür übersetzen sie auch Nachrichten, die Flüchtlinge in Dresden interessieren – Neuigkeiten aus Sachsen, aber auch aus der Türkei oder Syrien selbst.

„Die Neu-Angekommenen wollen aber auch die Asyl- und Arbeitsgesetze verstehen“, sagt Naoura. Wie zum Beispiel das Aufenthaltsgesetz. Naoura und seine Frau erwarten in wenigen Monaten ihr erstes Kind. Umso stärker kann er nachfühlen, dass Flüchtlinge und MigrantInnen mit ihrer Familie zusammenleben wollen. Deshalb hat er alle Informationen darüber, welche Dokumente man für den Familiennachzugsantrag braucht, zusammengestellt und übersetzt.

Bis zu 20 Fragen schicken ihnen die Abonnent*innen jeden Tag: Von den Modalitäten der Kita-Anmeldung bis zur Wohnsitzauflage. „Wir sind keine Sozialarbeiter und schon gar keine Juristen“, sagt Bakkour. „Wenn wir auf manche Fragen keine Antwort haben, dann posten wir sie auf unserer Facebook-Seite, da findet sich jemand, der oder die Ahnung von der Sache hat.“

Er studierte in Syrien Jura, Naoura arabische Literatur. Wegen des Krieges mussten sie die Uni abbrechen. Zur Zeit bereitet sich Naoura auf seine C1-Deutsch-Prüfung vor. Bakkour war ein Jahr lang über eine Zeitarbeitsfirma bei einem Supermarkt beschäftigt. „Sie haben dann meinen Vertrag gekündigt, um mich nicht direkt anstellen zu müssen“, klagt er.

Bakkour und Naoura haben in Dresden auch Demos gegen die Verbrechen Assads organisiert. „Viele Neu-Angekommene denken, sie dürfen keine Forderungen stellen oder demonstrieren,“ sagt Naoura. Die beiden wollen solche Missverständnisse mit ihrer Arbeit beseitigen und zeigen, dass die Geflüchteten Teil der Bevölkerung sind. Ismail Ismail

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare