Geflüchtete aus Moria in Berlin: Kompromiss im Flüchtlingsstreit
Berlin will 300 Geflüchtete aus Moria über das Bundesprogramm aufnehmen. Der Flüchtlingsrat befürchtet einen Versuch, das Landesprogramm zu umgehen.
![](https://taz.de/picture/4227702/14/133289091-1.jpeg)
Eigentlich hatte der rot-rot-grüne Senat vor zwei Wochen bereits ein eigenes Landesaufnahmeprogramm beschlossen, über das ebenfalls 300 Geflüchtete aufgenommen werden sollen – allerdings hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) die Aufnahme explizit von Seehofers Zustimmung abhängig gemacht. Und die verweigert dieser bisher hartnäckig.
Der Berliner Flüchtlingsrat fragt sich deshalb skeptisch, ob das Manöver über das Bundesprogramm nun nicht vor allem ein Weg ist, davon abzulenken, dass man sich beim Landesprogramm nicht einig wird mit dem Bundesinnenministerium. „Wir fordern, dass das Landesaufnahmeprogramm trotzdem weiterverfolgt wird“, sagt deshalb auch Martina Mauer vom Flüchtlingsrat. „Aus unserer Sicht kann die jetzige Aufnahme über das Bundesprogramm nur ein Zusatz sein.“
Der Druck auf den Bund, den neben Berlin auch Thüringen mit einem eigenen Landesprogramm aufgebaut hatte, könnte also sowohl für Innensenator Geisel als auch für Seehofer eine Möglichkeit sein, aus der festgefahrenen Situation herauszukommen, sagt auch Bettina Jarasch, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. „Das Hindernis, dass Seehofer zustimmen muss, ist aus dem Weg geräumt.“
Gut für den Moment
Allerdings sagt auch Jarasch: „Für den Moment und für die Menschen in den Lagern ist das gut. Aber eigentlich haben wir grundsätzlich einen gesetzlichen Änderungsbedarf, was die Einvernehmensregelung angeht.“
Ob die Familien nun über das Bundes- oder das Landesprogramm kommen, sei übrigens keinesfalls unerheblich, sagt Mauer vom Flüchtlingsrat: Beim Landesaufnahmeprogramm bekämen die Menschen sofort einen Aufenthaltstitel nach Paragraf 23 Aufenthaltsgesetz. „Beim Bundesprogramm müssen die Geflüchteten erst mal das normale Asylverfahren durchlaufen, was auch bedeutet: Beschäftigungsverbot und die Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.“
Ende Juli sollen laut Breitenbach die ersten Familien in Berlin ankommen. Untergebracht werden sie vorerst in den Tempohomes am Columbiadamm auf dem Tempelhofer Feld. Rund 500 Plätze stünden dort aktuell zur Verfügung. Nur eine temporäre Lösung, wie Breitenbach betonte. Aktuell habe man 1.000 Plätze in bestehenden Unterkünften frei.
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