Gefangene in Belarus: Fast wie Glasnost
Der belarussische Staat veröffentlicht eine Liste von Dingen, die Gefangenen zustehen. Dabei gibt er sich als gütiger Versorger.
U nd da sage mal jemand, in Belarus gebe es keine Transparenz. Unlängst gewährte die Regierung der Öffentlichkeit einen Blick hinter die Gefängnismauern. Einer staatlichen Webseite, die das unabhängige Nachrichtenportal tut.by zitiert, ist zu entnehmen, mit welchen Gütern des täglichen Bedarfs Strafgefangene versorgt werden.
Diese Informationen sind umso wertvoller, als sich die Haftanstalten seit dem Beginn der Proteste im vergangenen August bekanntermaßen eines regen Zulaufs erfreuen.
Und siehe da: Obwohl es ja nur um „asoziale Elemente“ geht, die es noch dazu gewagt haben gegen Präsident Alexander Lukaschenko und seine Entourage aufzubegehren, lässt sich der Staat wirklich nicht lumpen.
Immerhin 30 Einzelposten umfasst die Liste, auf der sich solche Köstlichkeiten wie Brot, Mehl, Makkaroni, Graupengrütze, Margarine, Milch, Tomatensauce sowie gängige Gemüsesorten finden. Doch das ist noch nicht alles. An Schweine- und Rindfleisch (erste Kategorie) sind 90 Gramm pro Tag vorgesehen, an Fisch (mit Kopf) 25 Gramm. Für Männer gibt es vier Eier pro Woche, Frauen sind mit drei Stück dabei.
Fürsorge von Herzen
Gefangenen, die sich in Untersuchungshaft befinden, stehen leider nur zwei Eier wöchentlich zu. Ansonsten müssen sie sich mit den gleichen Rationen begnügen, die rechtskräftig Verurteilte erhalten. Das ergibt Sinn, da sich viele von ihnen auf eine längere Verweildauer hinter Gittern einrichten müssen und so schon einmal trainieren können. Eine besonders pflegliche Behandlung wird Minderjährigen zuteil, die noch auf ihren Schauprozess warten. Da gibt es täglich 10 Gramm Zucker, einen Achtelliter Milch und 60 Gramm Fleisch extra.
Erfreulich ist der Umstand, dass dem Regime auch die Körperhygiene seiner Schutzbefohlenen am Herzen liegt. Monatlich stehen jedem/r Gefangenen 25 Meter Toilettenpapier (umgerechnet anderthalb Rollen) zu. Das dürfte auch denjenigen, die nicht auf Lukaschenko sch…, einige Kreativität abverlangen.
Doch Qualitäten wie improvizacija sind ohnehin gefragt. Denn Lukaschenko wird seine Kritiker*innen auch weiter zusammenknüppeln und festnehmen lassen. Ergo: Schöner wird es in belarussischen Knästen nicht, dafür wohl aber noch viel, viel enger.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“